
Polypropylen (PP) ist ein teilkristalliner und unpolarer Thermoplast, welcher durch koordinative Kettenpolymerisation von Propen entsteht. Die Dichte des Poylolefine ist geringer als die aller anderen verbreiteten Standardkunststoffe, während Härte und Dauergebrauchstemperatur über denen von Polyethylen liegen. Mit stetig wachsendem Ausstoß hat sich Polypropylen zum weltweit zweitwichtigsten Standardkunststoff entwickelt, sodass es in flexiblen Verpackungen ebenso präsent ist wie in geformten Bauteilen für Technik und Alltag.
Rohstoff und Herstellungsverfahren
Rund zwei Drittel des global verfügbaren Propens fließen in die PP-Erzeugung. Da eine radikalische Polymerisation nur sehr kurze Oligomere liefern würde, setzt die Industrie durchweg auf koordinative Katalysatoren. Drei Fertigungswege haben sich durchgesetzt. Im Suspensions- oder Slurry-Verfahren befinden sich Monomer und Polymer in einer Flüssigkeitsphase, während das Masse-Verfahren ohne Lösungsmittel arbeitet. Das Gasphasenverfahren polymerisiert fein verteiltes Propen direkt in Wirbelschicht- oder Rieselreaktoren.
Moderne Katalysatorsysteme gestatten es, die Mikrostruktur gezielt zu steuern. Metallocene etwa eröffnen den Zugang zu syndiotaktischem oder auch exakt definiertem ataktischem Material, während klassische Ziegler-Natta-Katalysatoren überwiegend isotaktisches Polypropylen liefern.
Molekularer Aufbau und Taktizität

Die Stellung der Methylgruppen an jedem zweiten Rückgratkohlenstoff bestimmt die Taktizität. In isotaktischen Ketten zeigen alle Methylgruppen zur selben Seite. Die Makromoleküle ordnen sich zu Lamellen, woraus ein teilkristallines Gefüge mit Kristallinitäten von 30-60% entsteht. Der Isotaxie-Index misst den Anteil dieser geordneten Sequenzen; handelsübliches Material liegt meist zwischen 85-95%.
Syndiotaktisches Polypropylen besitzt alternierende Methylgruppen und schmilzt etwas früher, während ataktische Ketten eine zufällige Orientierung aufweisen und deshalb amorph bleiben. Solches aPP zeigt klebrig-gummielastisches Verhalten, findet aber als Dicht- und Dämmstoff sowie als Bitumenzusatz Einsatz.
Kristallmodifikationen
Isotaktisches Polypropylen kristallisiert vor allem in der α-Modifikation, deren Schmelzpunkt bei etwa 185 bis 220 Grad Celsius liegt. Unter geeigneten Prozessbedingungen bildet sich zudem eine β-Modifikation mit niedrigeren Schmelzpunkten, die sich durch Nukleierung und Scherung gezielt fördern lässt. Eine mesomorphe Phase entsteht häufig bei schneller Abkühlung und begünstigt transparente Filme.
Physikalische und chemische Eigenschaften
Mechanische Kennwerte
Mit einer Dichte von 0,895 bis 0,92 g/cm3 ist Polypropylen das leichteste Standardpolymer. Sein E-Modul rangiert zwischen 1300 und 1800 N/mm2. Die exzellente Ermüdungsfestigkeit gestattet Scharniere oder Klappdeckel aus Vollkunststoff ohne zusätzliche Gelenkeinlagen.
Wärme- und Temperaturverhalten
Homopolymeres PP bleibt dauerhaft von null bis einhundert Grad Celsius einsetzbar; unterhalb des Gefrierpunkts wird es spröde (Glasübergangstemperatur). Durch statistische oder Block-Copolymerisation mit Ethen lässt sich der nutzbare Bereich sowohl nach unten als auch nach oben erweitern, sodass Spritzgussteile kurzzeitig bis etwa 140 °C überstehen. Die lineare Wärmedehnung liegt mit etwa 100-200 * 10-6/K etwas unterhalb der Werte von Polyethylen (PP).
Chemische Beständigkeit und Biokompatibilität
Bei Raumtemperatur widersteht Polypropylen Fetten, zahlreichen organischen Lösungsmitteln sowie nichtoxidierenden Säuren und Laugen. Starke Oxidationsmittel können jedoch das tertiäre Kohlenstoffatom jeder Wiederholungseinheit angreifen. Das Polymer ist geruchlos, hautverträglich und erhält für Lebensmittel- oder Pharmakontakt entsprechende Zulassungen. Die Oberfläche fühlt sich wachsartig an.
Verarbeitung und Materialvarianten
Polypropylen schmilzt ohne ausgeprägten Fließbereich und lässt sich daher spritzgießen, extrudieren, blasformen, warmumformen oder tiefziehen; selbst spanende Bearbeitung ist möglich. Die Schmelztemperatur im Spritzgussprozess liegt bis zu zweihundertsechzig Grad Celsius. Eine geringe Oberflächenenergie erschwert das Kleben oder Bedrucken, weshalb häufig Vorbehandlungen wie Corona-Entladung nötig sind. Etwa ein Viertel des europäischen Verbrauchs (Stand 2012) entfällt auf Fasern und Textilanwendungen.
Schaumstoffe
Expandiertes Polypropylen (ePE oder EPE) entsteht als Partikelschaum. Vorgeformte Perlen werden in Formteilautomaten mit Heißdampf auf etwa einhundertsechzig Grad Celsius erweicht und zu leichten, stoßdämpfenden Körpern verschweißt. Das Resultat ist formstabil, wiederholt verformbar und prädestiniert für Transportboxen oder Crashabsorber.
Folientechnik
Ungereckte Cast-Folien zeichnen sich durch hohe Transparenz und Abriebfestigkeit aus, womit sie sich als Deckmaterial für Lebensmittel eignen. Wird die Folie nur längs gestreckt, erhält man MOPP, das bei Verpackungsbändern oder Verbundfolien Anwendung findet. Quergereckte OPP liefert in Breitenrichtung verbesserte Eigenschaften, während BOPP dank beidseitiger Reckung maximale Festigkeit und geringe Wasserdampfdurchlässigkeit bietet.
Anwendungsfelder

Die Kombination aus geringer Masse, guter Steifigkeit und chemischer Resistenz führt dazu, dass Polypropylen klassische technische Thermoplaste wie ABS oder PA zunehmend verdrängt. Im Automobilinnenraum findet man es in Verkleidungen, Armaturenbrettträgern und Batteriegehäusen; Energieabsorber aus EPP erhöhen die Crashsicherheit. Elektronische Bauteile nutzen BOPP-Folie als Dielektrikum, Bauindustrie und Haustechnik setzen auf Rohrleitungen und Fittings aus schwerentflammbarem PP-S. Baubeton lässt sich durch schmelzende PP-Fasern brandschutztechnisch verbessern, da bei Hitze entstehende Poren den Dampfdruck abbauen.
Im Textilbereich werden Endlos-Filamente zu Sport-, Hygiene- und Geotextilien verarbeitet, wobei die Fasern dank Dichte unter eins schwimmfähig sind. In der Verpackungstechnik dominieren Becher für Milchprodukte, Schraubverschlüsse, mikrowellenfeste Folien und Mehrwegboxen. Medizinisch dienen PP-Netze der Verstärkung der Bauchdecke nach Hernienoperationen. Auch Modellflugzeuge, Staupolstersäcke für Containerladung und bedruckte Hohlkammerplatten aus PP profitieren von der Zähigkeit des Materials unter rauen Bedingungen.
Rezyling und Nachhaltigkeit
Polypropylen ist grundsätzlich sortenrein rückgewinnbar. Optische Sortierer und Dichtetrennung ermöglichen heute stoffliche Aufbereitung, dennoch verringern thermische Alterung und Kontamination die Qualität des Recyclats. Deshalb fließt recyceltes PP meist in Anwendungen ohne Lebensmittelkontakt, etwa Gartenmöbel, Parkbänke oder Reinigungsmittelbehälter. Die Entwicklung von Recyclingströmen mit geringer Degradation gilt als Voraussetzung, damit PP seinen hohen Marktanteil dauerhaft mit nachhaltigen Kreisläufen verbindet.
Der vorliegende Text stellt eine vollständig überarbeitete und neu strukturierte Fassung des Wikipedia-Artikels „Polypropylen“ dar. Er unterliegt der Lizenz CC BY-SA 3.0 und enthält keine inhaltlichen Ergänzungen über die Originalquelle hinaus. Stand: 28.07.2025