Radiokarbonmethode (auch 14C) ist ein Verfahren der radiometrischen Datierung für kohlenstoffhaltige Materialien mit einem Einsatzbereich von ungefähr 300 bis rund 60 000 Jahren. Grundlage ist, dass nach dem Absterben eines Organismus der Anteil an 14C nach dem Zerfallsgesetz abnimmt, während lebende Organismen durch laufenden Kohlenstoffaustausch denselben fast konstanten Anteil wie die Atmosphäre besitzen. Entwickelt wurde die Methode 1946 von Willard F. Libby, der 1960 den Nobelpreis für Chemie erhielt. Sie wird vor allem in Archäologie, Archäobotanik und Quartärforschung genutzt. Die obere Altersgrenze ergibt sich aus Messunsicherheiten und störenden Einflüssen auf das Probenmaterial.
Physikalische Grundlage und Kohlenstoffkreislauf

In der Natur treten die Isotope 12C, 13C und 14C auf. Etwa 98,89 Prozent entfallen auf 12C und 1,11 Prozent auf 13C, 14C kommt nur in winzigen Spuren vor. 14C ist instabil und wird in der oberen Atmosphäre fortlaufend neu gebildet, wodurch sich ein weitreichender Austausch im Kohlenstoffkreislauf einstellt.
Entstehung und Zerfall von 14C
Kosmische Strahlung erzeugt in der Hochatmosphäre Neutronen. Trifft ein solches Neutron auf 14N, kann eine Reaktion mit Einfang des Neutrons und Abgabe eines Protons stattfinden. Dabei entsteht 14C. Dieses Isotop zerfällt mit einer Halbwertszeit von 5730 plus minus 40 Jahren durch Beta Minus zu 14N unter Abgabe eines Elektrons und eines Antineutrinos.
Gleichgewicht und Fixierung in Organismen
Zwischen Produktion und Zerfall stellt sich ein Fließgleichgewicht ein, dessen Höhe von Produktionsrate, Halbwertszeit und der Menge des mit der Atmosphäre im Austausch stehenden Kohlenstoffs abhängt. Pflanzen bauen Kohlenstoffdioxid ein und geben den Kohlenstoff weiter in die Nahrungskette. Ab der Fixierung nimmt das Verhältnis 14C zu 12C exponentiell ab. In anorganischen Stoffen kann Radiokohlenstoff ebenfalls eingebaut werden, zum Beispiel in Carbonat von Muschelschalen oder in Metallen über verwendete Holzkohle. Das gemessene Alter spiegelt dann die Zeit seit dem Einbau des Kohlenstoffs wider.
Messprinzip und Verfahren
Die Datierung beruht auf dem Vergleich des Isotopenverhältnisses 14C zu 12C einer Probe mit einem Standard, der den Ausgangszustand repräsentiert. Der Gehalt lässt sich durch Zählen der Zerfälle oder durch direkten Nachweis der 14C Atome bestimmen. Vor jeder Messung sind chemische Aufbereitungsschritte nötig, um störende Bestandteile zu entfernen und den Kohlenstoff in eine geeignete Form zu überführen.
Zählrohr nach Libby
Beim klassischen Vorgehen wird der Zerfall von 14C in einem Zählrohr gemessen, häufig mit dem aus der Probe gewonnenen Kohlendioxid als Zählgas. Wegen der geringen Aktivität moderner Proben sind große Materialmengen und lange Messzeiten erforderlich. Die Nachweisgrenze wird bei Proben von etwa 50 000 Jahren erreicht und die Unsicherheit steigt stark an.
Flüssigszintillationsspektrometrie
Hier wird der Kohlenstoff über Zwischenstufen in Benzol überführt und mit einem organischen Szintillator vermischt. Die beim Zerfall frei werdende Energie erzeugt Lichtimpulse, die gezählt werden. Durch größere einbringbare Kohlenstoffmengen sind bei gleicher Genauigkeit oft kürzere Messzeiten möglich, zudem existieren dafür spezialisierte Spektrometer.
Beschleuniger Massenspektrometrie
Mit der Beschleuniger Massenspektrometrie werden 14C Atome direkt gezählt. Dadurch sinkt der Probenbedarf auf etwa Milligrammbereiche und die Messzeit verkürzt sich. Die Technik ist aufwendiger und teurer, ermöglicht aber eine hohe Präzision mit typischen Unsicherheiten um etwa 40 Jahre für junge Proben.
Grenzen und Fehlerquellen
Nachweisgrenze und Messgenauigkeit
Frische Proben enthalten ungefähr einen Teil 14C pro Billion Kohlenstoffatome. Nach zehn Halbwertszeiten liegt der Anteil unter der Nachweisgrenze, daher eignet sich die Methode nicht für sehr alte geologische Materialien. Die statistische Unsicherheit folgt den Zählprozessen, hinzu kommen systematische Beiträge aus Aufbereitung und Störeinflüssen.
Reservoireffekte und Hartwasser
Wenn der Kohlenstoff eines Objekts nicht direkt im Gleichgewicht mit der Atmosphäre stand, weicht seine Ausgangskonzentration ab. In Meeren führt der Austausch mit tiefem, älterem Wasser zu scheinbar höheren Altern, oft um einige hundert Jahre. In Binnengewässern kann gelöster alter Kalk den 14C Anteil mindern. Weiches Wasser ist keine Garantie für die Abwesenheit solcher Effekte.
Fraktionierung und Korrekturen
Isotope verhalten sich bei Transport und Reaktionen geringfügig unterschiedlich. Photosynthese bevorzugt die leichteren Isotope, wodurch sich das Verhältnis 14C zu 12C in Pflanzen verringert. Aus dem begleitend messbaren Verhältnis 13C zu 12C wird der Einfluss berechnet und korrigiert. Unterschiede zwischen C3 und C4 Pflanzen sind dabei bedeutsam und liefern nebenbei Hinweise zur Ernährung aus Knochenanalysen.
Kontamination
Bleiben Fremdstoffe trotz Reinigung in der Probe, verschiebt sich das gemessene Alter zwischen dem wahren Wert und dem Alter der Verunreinigung. Durch Aufteilung in Teilproben mit unterschiedlich strenger Reinigung lassen sich verdächtige Abweichungen erkennen und die Zuverlässigkeit besser einschätzen.
Kalibrierung und Schwankungen
Rohdaten beziehen sich auf 1950 und setzen eine konstante Produktion von 14C voraus. Da dies nicht zutrifft, werden Rohdaten mit Kalibrierkurven in Kalenderjahre umgerechnet. Kalibrierte Angaben heißen cal BP oder werden in Jahren vor Christus und nach Christus angegeben.
Die verwendete Halbwertszeit wurde zunächst mit 5568 Jahren angegeben und später auf 5730 Jahre präzisiert. Die Kalibrierung gleicht diese Differenz zusammen mit weiteren Einflüssen aus.
Das Verhältnis von 14C zu 12C in der Atmosphäre schwankt. Hauptgründe sind Sonnenaktivität, Änderungen des Erdmagnetfelds und Verschiebungen im Kohlenstoffkreislauf. Die Verbrennung fossiler Brennstoffe verringert den Anteil von 14C, Kernwaffentests nach 1945 erhöhten ihn stark. Diese Effekte fließen in die Kalibrierung ein.

Als Datenquellen dienen unabhängige Archive. Besonders wichtig sind lange Baumringfolgen und jährlich geschichtete Seesedimente. Sie tragen Kalibrierkurven bis über 50 000 Jahre. Wenn die Kurve über einen Bereich flach verläuft, decken gleiche Rohdaten mehrere Kalenderjahre ab. Verfahren wie Wiggle Matching helfen dann bei der Einordnung.
Fundsituation und Interpretation
Man misst den Zeitpunkt der Aufnahme des Kohlenstoffs. Dieser kann vom gesuchten historischen Ereignis abweichen. Kernholz alter Bäume ist oft deutlich älter als das Fälljahr. Dendrochronologie und der Fundkontext ordnen solche Proben richtig ein. Bei Samen und anderen kurzlebigen Pflanzenresten ist die Abweichung meist gering.
Forschungsgeschichte in Kürze
1949 zeigte die Curve of Knowns, dass der 14C Gehalt mit dem Alter abnimmt und Datierungen ermöglicht. Seit den 1960er Jahren bauen Forschende Kalibrierkurven auf und erweitern sie kontinuierlich. Ab den 1970er Jahren machte die Beschleuniger Massenspektrometrie Datierungen mit sehr kleinen Proben möglich. Seitdem aktualisiert man die Kurven regelmäßig.
Weitere Anwendungen
14C dient als Tracer in der Pflanzenforschung, wenn Pflanzen mit 14C armem Kohlendioxid begast werden und man die Verteilung misst. In Kraftstoffen weist das Isotopenverhältnis den Bioanteil nach, weil fossile Bestandteile kein nachweisbares 14C enthalten.
Der vorliegende Text stellt eine vollständig überarbeitete und neu strukturierte Fassung des Wikipedia-Artikels „Radiokarbonmethode“ dar. Er unterliegt der Lizenz CC BY-SA 3.0 und enthält keine inhaltlichen Ergänzungen über die Originalquelle hinaus. Stand: 01.11.2025