Beckhoff hat seine Automatisierungsplattform TwinCAT um neue Funktionen zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz erweitert. Der TwinCAT CoAgent und der TwinCAT Machine Learning Creator ermöglichen es, KI-Modelle direkt in der Steuerung einzusetzen und Engineering- sowie Serviceprozesse datenbasiert zu unterstützen.

Zwei Ansätze stehen dabei im Mittelpunkt: Task-spezifische KI, die mit TwinCAT Machine Learning und dem Machine Learning Creator umgesetzt wird, sowie Agentic AI, die Beckhoff mit TwinCAT CoAgent bereitstellt. Erstere steigert Effizienz und Qualität in Maschinenprozessen, während letztere Entwickler und Servicetechniker im Arbeitsalltag unterstützt – von der Code-Erstellung bis zur Fehlerdiagnose.
TwinCAT als gemeinsame Plattform für KI-Anwendungen
TwinCAT Machine Learning ermöglicht es, KI-Modelle in Echtzeit auf der Maschinensteuerung auszuführen. Die Integration in den SPS-Code erlaubt datenbasierte Entscheidungen unmittelbar im Prozess. Ergänzend dazu bietet der TwinCAT Machine Learning Creator eine Umgebung zur Modellierung, Bewertung und Optimierung von KI-Anwendungen.
Mit TwinCAT CoAgent erweitert Beckhoff das System um interaktive Assistenzfunktionen. Diese kombinieren generative KI mit domänenspezifischem Wissen, sodass Ingenieure und Servicepersonal über natürliche Sprache mit der Steuerungsumgebung interagieren können. Durch die Verbindung beider Ansätze wird der gesamte Lebenszyklus einer Anlage – von der Entwicklung bis zum Betrieb – durchgängig digital unterstützt.
TwinCAT CoAgent im Engineering und im Betrieb
Der TwinCAT CoAgent for Engineering bietet Programmierern Unterstützung bei der Code-Erstellung, Optimierung und Dokumentation. Inhalte aus bestehenden Projekten können überprüft und direkt übernommen werden. Zudem erleichtert der CoAgent den Zugriff auf Dokumentationen, HMI-Entwicklung und die Konfiguration von I/O-Topologien über natürliche Sprache. Das Ergebnis ist ein effizienterer Projektablauf mit geringerer Such- und Routinearbeit.

TwinCAT CoAgent optimiert sowohl Engineering als auch Runtime und versteht sich als Teammitglied, das bei der Diagnose hilft, das Servicepersonal interaktiv durch Checklisten führt und selbst aktiv an der Problemlösung beteiligt ist.
Dr. Fabian Bause, Produktmanager TwinCAT, Beckhoff Automation
Im laufenden Betrieb übernimmt der TwinCAT CoAgent for Operations Analyse- und Diagnoseaufgaben. Er überwacht Prozesswerte, Logfiles und KPIs, erkennt Abweichungen und begleitet die Störungsbehebung in mehreren Schritten – von der Hypothesenbildung über die Diagnose bis zu konkreten Handlungsvorschlägen. Durch die Zusammenführung von Messdaten und Loginformationen können Fehlalarme reduziert und kritische Ereignisse priorisiert werden. Zusätzlich erstellt der CoAgent automatisch Service-Reports, Schichtprotokolle und Trendanalysen, die den Betrieb transparenter gestalten.
Offene Architektur und Integration in den Lifecycle
Die offene Architektur von TwinCAT CoAgent ermöglicht die Anbindung unterschiedlicher Sprachmodelle und kundenspezifischer Erweiterungen über das Modular Concept Protocol (MCP). Unternehmen können eigene Wissensdatenbanken integrieren und damit unternehmensspezifisches Know-how direkt im CoAgent verfügbar machen.
Durch diese Erweiterbarkeit deckt TwinCAT alle Phasen des Automatisierungslifecycles ab: Entwicklung, Inbetriebnahme, Betrieb und Optimierung. So lassen sich Entwicklungszeiten verkürzen, Stillstände verringern und Wartungsprozesse effizienter gestalten. Gleichzeitig bleibt das System flexibel und zukunftsfähig.
TwinCAT Machine Learning Creator für automatisierte Modellbildung
Der TwinCAT Machine Learning Creator (MLC) ergänzt die Plattform um Werkzeuge zur automatischen Generierung von KI-Modellen. Als „Version Zero Generator“ erstellt er erste Modellvarianten, dokumentiert deren Verhalten und unterstützt die Auditierung durch automatisierte Reports. Automatisierungs- und Prozessexperten können damit eigenständig Modelle entwickeln und bewerten, ohne externe Datenwissenschaftler einbinden zu müssen.

Mit TwinCAT MLC Signals and Time Series lassen historische, zeitlich geordnete Daten analysieren, um Muster und Trends zu erkennen sowie zukünftige Werte vorherzusagen oder Anomalien zu identifizieren.
Dr. Fabian Bause, Produktmanager TwinCAT, Beckhoff Automation
Die mit TwinCAT MLC erzeugten Modelle werden im offenen ONNX-Format exportiert und erfüllen die Echtzeitanforderungen der Steuerung. Mit der Erweiterung „TwinCAT MLC Signals and Time Series“ lassen sich nun auch Signale und Zeitreihen analysieren – ein wichtiger Schritt für Anwendungen wie Anomalieerkennung, Condition Monitoring und Qualitätsprüfung.
Signal- und Zeitreihenanalyse mit TwinCAT
Die Analyse von Signalen und Zeitreihen bietet zahlreiche industrielle Einsatzmöglichkeiten. Dazu gehören die Erkennung von Motor- und Pumpenfehlern, die Leckageüberwachung in hydraulischen Systemen oder die Verschleißerkennung an Werkzeugen. Durch die Kombination von Strom-, Druck-, Temperatur- und Vibrationsdaten lassen sich Ursachen von Abweichungen nachvollziehen und vorbeugende Maßnahmen ableiten.
In der Qualitätssicherung ermöglichen Inline-Analysen sensorbasierte Prüfungen elektrischer oder mechanischer Größen, etwa bei Schweiß- oder Verpackungsprozessen. Darüber hinaus unterstützt die Zeitreihenanalyse die Optimierung von Energieverbrauch und Prozessparametern. Anwendungen reichen von der prädiktiven Regelung komplexer Anlagen bis zur Ausrichtung von Windkraftkomponenten nach prognostizierten Wetterdaten.