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Aktuelle Seite: Start / News / Eingeschlossenes Wasser erhöht Bindungskraft zwischen Molekülen

Eingeschlossenes Wasser erhöht Bindungskraft zwischen Molekülen

31. Oktober 2025 von Birgit Fischer

Ein Forschungsteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Constructor University Bremen hat erstmals gezeigt, dass Wasser, das in engen molekularen Taschen eingeschlossen ist, die Bindungskraft zwischen Molekülen deutlich beeinflussen kann. Damit wird ein lange offenes Thema der supra- und biomolekularen Chemie grundlegend geklärt.

Wassermoleküle sind eine treibende Kraft bei der Bildung molekularer Bindungen, beispielsweise in Proteinen. | Foto: INT, KIT
Wassermoleküle sind eine treibende Kraft bei der Bildung molekularer Bindungen, beispielsweise in Proteinen. | Foto: INT, KIT

Die Ergebnisse zeigen, dass sogenanntes hochenergetisches Wasser eine aktive Rolle spielt, indem es beim Verdrängen aus seiner Umgebung zusätzliche Energie freisetzt. Dieser Mechanismus könnte künftig für die gezielte Entwicklung stabilerer Wirkstoffe und leistungsfähigerer Materialien genutzt werden.

Hochenergetisches Wasser verstärkt Bindungskraft

Ein erheblicher Teil des Wassers auf der Erde befindet sich in mikroskopisch kleinen Räumen – etwa in Proteinbindungsstellen oder synthetischen Rezeptoren. Lange war unklar, ob solches Wasser neutral bleibt oder chemische Bindungen beeinflusst. Dr. Frank Biedermann vom Institut für Nanotechnologie des KIT erklärt, dass experimentelle Daten ein ungewöhnliches Verhalten zeigen: Das eingeschlossene Wasser befindet sich in einem energetisch angespannten Zustand.

Dieses hochenergetische Wasser wirkt ähnlich wie Teilchen, die unter Druck stehen. Wird es aus der molekularen Tasche verdrängt, überträgt es seine Energie auf das eintretende Molekül. Dadurch verstärkt sich die Bindungskraft zwischen den beteiligten Molekülen – ein Effekt, der bisher theoretisch vermutet, aber nie experimentell bestätigt wurde.

Theoretische Grundlage und Berechnung der Bindungskraft

Für die Untersuchung nutzte das Team das Wirtmolekül Cucurbit[8]uril, das aufgrund seiner hohen Symmetrie besonders gut für Modellrechnungen geeignet ist. Mit computergestützten Simulationen bestimmten die Forschenden, wie stark sich die zusätzliche Bindungskraft des eingeschlossenen Wassers je nach Gastmolekül verändert.

Professor Werner Nau von der Constructor University Bremen berichtet, dass sich eine klare Korrelation zwischen der energetischen Spannung des Wassers und der Verstärkung der Bindungskraft zeigte. Je stärker das Wasser energetisch aufgeladen ist, desto stabiler wird die Verbindung zwischen Wirt- und Gastmolekül nach dem Verdrängungsprozess.

Physikalische Bedeutung für natürliche Prozesse

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass das Konzept hochenergetischer Wassermoleküle physikalisch fundiert ist. Laut Dr. Biedermann könnten solche Moleküle sogar in biologischen Systemen eine zentrale Rolle spielen. Bei Antikörpern, etwa gegen SARS-CoV-2, könnte die gezielte Bewegung von Wassermolekülen in und aus Bindungstaschen entscheidend für die Stabilität der Bindung sein.

Damit liefert die Studie nicht nur eine Erklärung für experimentelle Beobachtungen der letzten Jahre, sondern auch eine neue Perspektive auf molekulare Erkennungsprozesse in der Natur.

Neue Perspektiven für Medizin und Materialwissenschaft

In der Arzneimittelforschung eröffnet das Verständnis der Bindungskraft von Wasser neue Möglichkeiten für das Wirkstoffdesign. Moleküle könnten gezielt so entwickelt werden, dass sie energetisch angespannte Wassermoleküle verdrängen und dadurch stärker an Zielproteine binden. Das kann die Wirksamkeit von Medikamenten verbessern und ihre Stabilität erhöhen.

Auch in der Materialwissenschaft hat das Konzept Potenzial. Materialien mit Hohlräumen, die hochenergetisches Wasser ausschließen oder umleiten, könnten leistungsfähigere Sensoren oder Speicherkomponenten ermöglichen. So verbindet die Forschung grundlegendes chemisches Verständnis mit praktischer Relevanz für verschiedene Technologien.

Kombination von Kalorimetrie und Simulation

Zur Untersuchung der Bindungskraft kombinierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler präzise kalorimetrische Messungen mit theoretischen Modellen. Die Berechnungen wurden von Dr. Jeffry Setiadi und Professor Michael K. Gilson an der University of California in San Diego durchgeführt.

Diese Kombination aus experimenteller und theoretischer Herangehensweise machte es möglich, die Rolle eingeschlossenen Wassers erstmals detailliert zu quantifizieren und den Zusammenhang zwischen energetischem Zustand und Bindungskraft klar nachzuweisen.

Originalpublikation: Jeffry Setiadi, Frank Biedermann, Werner M. Nau, Michael K. Gilson: Thermodynamics of Water Displacement from Binding Sites and its Contributions to Supramolecular and Biomolecular Affinity. Angewandte Chemie International Edition, 2025. doi/10.1002/anie.202505713. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/anie.202505713 

Kategorie: Forschung, News Stichworte: Hochenergetisch, KIT, Materialwissenschaften, Wasser

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