Infraserv Höchst hat gemeinsam mit dem Prozesstechnologieunternehmen GEA eine Pilotanlage zur CCU im Industriepark Höchst erfolgreich in Betrieb genommen. Ziel ist es, verwertbare Daten zur Abtrennung und Nutzung von CO₂ aus Rauchgasen zu gewinnen und die technische sowie wirtschaftliche Machbarkeit von CCU-Prozessen zu analysieren.

Die Anlage ist an die Klärschlammverbrennungsanlage angeschlossen und wird über drei Monate betrieben. Das Projekt ist Teil einer umfassenden Strategie zur Transformation des Standorts Höchst in Richtung Klimaneutralität und wird im Rahmen des EU-Förderprogramms IS2H4C unterstützt.
CCU als Schlüssel zur Standorttransformation
Die Carbon-Capture-and-Utilization-Technologie (CCU) ist ein zentrales Element in der Dekarbonisierungsstrategie des Industrieparks Höchst. „Pilotanlagen dieser Art sind unverzichtbar, um das Verfahren zu testen und notwendige Daten zu sammeln“, erklärt Dr. Joachim Kreysing, Geschäftsführer von Infraserv Höchst. Ziel ist der zukünftige Einsatz großtechnischer CCU-Anlagen auf dem Gelände.
Im Betrieb der Pilotanlage werden Kennzahlen zur Abtrennrate, Reinheit des CO₂, zum Energieverbrauch und zur Stabilität des eingesetzten Waschmittels erhoben. Die Versuchsanlage stammt von GEA, einem weltweit agierenden Anbieter nachhaltiger Prozesstechnologien. „Im Kern geht es um die Bewertung des Energiebedarfs, der Effizienz und der Kosten einer großtechnischen Abscheidungsanlage an einer Verbrennungsanlage“, so Dr. Sirko Ogriseck, Projektleiter bei Infraserv Höchst.
Technologieeinsatz mit GEA
Im Verfahren wird ein Teilstrom des Rauchgases entnommen und mit einem Amin-Wasser-Gemisch behandelt, das das CO₂ bindet. Anschließend wird die Lösung erhitzt, um das CO₂ zurückzugewinnen. „An der KVA wird ein Teilstrom des Rauchgases am Kamin entnommen. Dieses Rauchgas wird in die Pilotanlage geführt. Bei der CO₂-Abscheidung mit Aminen wird das CO₂ aus dem Rauchgas herausgewaschen,“ erläutert Michael Schneider, R&D Engineer Carbon Capture Solutions bei GEA.

Obwohl das CO₂ aktuell nach der Behandlung in den Kamin zurückgeführt wird, liegt die Perspektive auf der zukünftigen Nutzung im Sinne der CCU – etwa durch Veredelung zu synthetischen Produkten oder klimaneutralen Energieträgern.
CCU mit biogenem CO₂ für synthetische Kraftstoffe
Die Verwendung biogenen CO₂ ist ein entscheidender Vorteil der Klärschlammverbrennung: Es stammt aus nachwachsenden Rohstoffen und gilt somit als klimaneutral. Dies qualifiziert es für CCU-Anwendungen wie die Herstellung synthetischer Kraftstoffe. Infraserv Höchst plant, dieses CO₂ langfristig an Startups zu liefern, die es mit grünem Wasserstoff in Syntheseprozesse einspeisen.
In einem früheren Projekt – ICO2CHEM – wurde bereits CO₂ aus dem Industriepark zur Herstellung emissionsfreier Öle und Wachse genutzt. Heute wird dieses CO₂ an die Power-to-Liquid-Pionieranlage von INERATEC geliefert, die daraus E-Kerosin produziert. „Wir wollen im Industriepark Höchst die besten Voraussetzungen dafür schaffen, um unseren Kunden den Weg in Richtung Nachhaltigkeit zu ermöglichen. Dazu gehören auch die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten von CO₂“, so Dr. Kreysing.
EU-Projekt IS2H4C unterstützt Pilotphase
Die Finanzierung der Pilotanlage erfolgt maßgeblich durch das EU-Projekt IS2H4C (From Industrial Symbiosis to Hubs for Circularity). Ziel ist die Entwicklung ressourceneffizienter Modelle für industrielle Kreislaufwirtschaft. CCU wird dabei als zentrales Element zur Emissionsminderung und zur Förderung von industrieller Symbiose gesehen. Der Industriepark Höchst ist einer der vier europäischen Modellstandorte.