Klimaneutralität bedeutet ein Gleichgewicht zwischen CO2 Emissionen und CO2 Aufnahmen in Senken. Kohlenstoffsenken nehmen mehr Kohlenstoff auf als sie abgeben. Böden, Wälder und Ozeane sind die wichtigsten natürlichen Senken.
Laut Schätzungen entfernen natürliche Senken zwischen 9,5 und 11 Gigatonnen CO₂ pro Jahr. 2020 betrugen die jährlichen globalen CO₂-Emissionen 36 Gigatonnen. Bisher gibt es keine künstlichen Kohlenstoffsenken, die Kohlenstoff in dem Maße aus der Atmosphäre entfernen können, wie es zur Bekämpfung der globalen Erwärmung notwendig wäre.
Zielgröße und Handlungsmöglichkeiten
Die klimaschädigende Wirkung anderer Treibhausgase als CO2 kann in die Wirkung einer entsprechenden Menge CO2 umgerechnet werden (CO2-Äquivalent). Anschließend wird sie auf dem beschriebenen Weg der technischen oder biotischen Kompensation wieder aus der Welt geschafft.
Die Bilanzierung vernachlässigt Unterschiede in der weiträumig horizontalen, kleinräumig horizontalen, vertikalen und zeitlichen Verteilung klimarelevanter Gase in der Atmosphäre. Die Umstellung der Wirtschaftsweise mit dem Ziel der Treibhausgasneutralität oder CO2-Neutralität heißt Dekarbonisierung.
Kompensationsmaßnahmen
Klimakompensation kann Handlungen und Prozesse klimaneutral machen, auch wenn Treibhausgasfreisetzungen nicht vermieden wurden oder noch nicht vermeidbar sind. Technische Kompensation ist durch eine Emissionsvermeidung an einem anderen Ort möglich. Die biotische Kompensation durch die Finanzierung von Kohlenstoffsenkenprojekten ist möglich. Aufforstung kann nur dann fossile Brennstoffe dauerhaft kompensieren, wenn der gebundene Kohlenstoff nicht als CO2 zurück in die Atmosphäre gelangt. Das erfordert Endlagerung von Kohlenstoff in beliebiger Modifikation oder chemischer Verbindung.
Klimaschutzmaßnahmen, die den CO2-Fußabdruck von konsumierten Gütern oder Dienstleistungen auf Null reduzieren, können Treibhausgas- oder CO2-Neutralität erreichen. Die konsequenteste Form ist die Nutzung treibhausgasfreier Energiequellen wie Sonnen-, Wind- und Wasserenergie. Die Nutzung pflanzlicher, nicht fossiler Brennstoffe kann mit weniger Emissionen verbunden sein. Dennoch können zusätzliche Treibhausgasemissionen in der Klimabilanz von Bioenergiesystemen anfallen. Das Potential einer treibhausgasneutralen Bioenergieerzeugung ist eng begrenzt.
Zur Erreichung der angestrebten Neutralität sind bei allen Kompensationsmaßnahmen umfassende Bilanzierungen und Kontrollen notwendig. Diese stellen sicher, dass die auf technischem oder biotischem Weg zu verbuchende CO2-Kompensationsmenge der tatsächlichen Emissionsmenge entspricht. Bei biotischer Kompensation bedarf es außerdem eines guten Konzeptes, um die Kohlenstoffeinbindung auf den Waldflächen zu sichern.
Vermeiden und Kompensieren kann im Budgetrahmen so kombiniert sein, dass die angestrebte Form der Neutralität mit minimalen Kosten gesichert ist.
Nichtfossile Brennstoffe
Bei der Verbrennung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe wird zunächst immer dieselbe Menge CO2 freigesetzt. Egal ob diese fossile (Kohle, Erdgas oder Erdöl) oder nichtfossile Brennstoffe (aus Biomasse wie Holz) sind. Die Unterschiede liegen in den Verbrennungstechnologien und Heizsystemen, die den maximalen Wirkungsgrad beeinflussen.
Die Verbrennung von Biomasse ist nur dann CO2-neutral, wenn die entstehende Menge CO2 vorher durch das Wachstum der Pflanzen in der Biomasse gebunden wurde. In die CO2-Bilanz sind allerdings einzubeziehen:
- der Bilanzstichtag, auf den die CO2-Bilanz sich bezieht
- der Zeitaufwand für die Bindung von freigesetztem CO2. Eine CO2-Neutralität bezieht sich deshalb immer auf einen Zeitraum.
- CO2-Emissionen durch Anbau und Bodenbearbeitung
- CO2-Emissionen durch Düngung und durch das Auftragen von Spritzmittel (incl. deren Herstellung)
- CO2-Emissionen durch Bindung oder Freisetzung von Humus
- CO2-Emissionen durch Verarbeitung und Transport der Biomasse
- Biomasse als CO2-Speicherort und Kohlenstoffsenke.
Durch Außerachtlassung dieser Rahmenbedingungen kann es zu gravierenden Fehleinschätzungen kommen.
Klimabilanz von Biomasse
Bei der Biomassenutzung treten Energieverluste durch Verarbeitung und Transport auf, die den Nettoeffekt leicht vermindern, aber nicht die Methode in Frage stellen. Entscheidender ist der Einfluss auf die Biomasse-Vorräte: Die Nutzung von Biomasse aus einem bestehenden Vorrat führt zu einer Verstärkung des Treibhauseffekts, es sei denn, es wird gleichzeitig anderorts dieselbe Menge an Biomasse nachwachsen. Daher ist eine nachhaltige Wirtschaft Voraussetzung für CO2-Neutralität.
Der Einsatz von Biomasse als Energiequelle ist keine Garantie für CO2-Neutralität, da Änderungen in der Landnutzung und der damit einhergehende Abbau von Humusvorräten im Boden zu einer negativen Bilanz führen können. Die Bilanz kann jedoch durch Aufforstung positiv beeinflusst werden. Die Nutzung von bereits bestehenden Wäldern hat keinen solchen Effekt, jedoch muss der Biomassevorrat berücksichtigt werden. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren wird angenommen, dass die energetische Nutzung von Holz aus Wirtschaftswäldern den Kohlenstoffvorrat im System langfristig nicht vermindern muss.
Die Berechnung der CO2-Bilanz von Biomasse muss auch die indirekten Auswirkungen und Opportunitätskosten berücksichtigen. Die Nutzung von Holz-Biomasse auf Kurzumtriebsplantagen hat einen höheren Substitutionseffekt als die Nutzung von Wäldern. Die langfristige Speicherung von Biomasse z.B. in Bauholz kann höhere Effekte erzielen als Verbrennen oder auch als Belassen. Bei letzterem mineralisieren natürliche Abbauprozesse die Biomasse. Die genaue Berechnung der Klimabilanz von Biomasse kann eine anspruchsvolle Aufgabe sein.
Netto-Null-Emissionen im internationalen Klimaregime
Das Übereinkommen von Paris verpflichtet die Vertragsparteien, die Erderwärmung auf unter 2°C und möglichst unter 1,5°C zum vorindustriellen Stand zu begrenzen und ein Gleichgewicht zwischen Treibhausgasemissionen und Kohlenstoffaufnahme herzustellen. Um die Klimaziele zu erreichen, muss die Staatengemeinschaft um die Mitte des 21. Jahrhunderts CO2-neutral sein und bis 2070 Treibhausgasneutralität erreichen. Negative Emissionen werden benötigt, um die Treibhauskonzentrationen der Atmosphäre wieder zu senken.
Je nach Zählweise hatten im Herbst 2021, im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Glasgow, zwischen 50 und 136 Länder erwogen, Netto-Emissionsziele zum Gegenstand ihrer Klimapolitik zu machen. In der Klassifikation des vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen herausgegebenen Emissions Gap Report, der die Klimaziele und -politik der Vertragsparteien auf Vereinbarkeit mit den internationalen Klimazielen analysiert, hatten 49 Staaten und die Europäische Union, die insgesamt für 59 % der Emissionen verantwortlich waren, Netto-Null-Emissionsziele vorgelegt, elf davon hatten sie auch in Gesetzen verankert. Unter den Staaten mit Netto-Null-Ziel waren zwölf der G20-Staaten, darunter Brasilien, Kanada, die USA, die Europäische Union als Ganzes und verschiedene Mitgliedstaaten für sich. Die Klimapolitik der meisten Staaten entsprach jedoch nicht ihren Zielen.
Die Regierung Russlands gab im Oktober 2021, die Indiens im November während der Konferenz von Glasgow bekannt, bis 2060 bzw. 2070 eine Form von Klimaneutralität erreichen zu wollen.
Dieser Eintrag basiert auf dem Artikel Klimaneutralität aus der freien Enzyklopädie Wikipedia. Es gilt die GNU-Lizenz für freie Dokumentation. Eine Liste der Autoren ist auf Wikipedia verfügbar.
[…] Energie- und Rohstoffinnovation erhält man aus einer Hand nicht nur speicherbaren und klimaneutralen Wasserstoff, sondern auch den für Landwirtschaft und für andere vielfältige […]