In eigener Sache…
Als ich vor vier Jahren die Verantwortung für die Österreichische Chemie Zeitschrift übernahm, hätte ich nicht damit gerechnet in welcher Art und Weise sich eine etabliertes, aber doch durch die äußeren Entwicklungen der Medienlandschaft gezeichnete Fachzeitschrift noch entwickeln kann.
„Print stirbt doch!“ war das allgemeine Credo, das ich von fast allen Seiten meines Umfeldes vorgebetet bekam. Zeitgleich begannen große internationale Verlagshäuser, sich aus dem Zeitschriftenmarkt zurück zu ziehen, stellten komplett auf Online um und sahen dort das große Heil. Beste Voraussetzungen für eine hoffnungsvolle, bestimmte Zukunft…
Und Ja, die Weiterentwicklung und Ausbau unserer Online-Präsenz war notwendig. Ja, Anpassungen bei Produktionsprozessen, Test-Läufe bei Work-Flows und Layoutexperimente waren erforderlich und manchmal mit viel Schweiß und Aufwand verbunden. Und allen Unkenrufen zum Trotz gibt nun unsere Jubiläumsausgabe „120 Jahre Österreichische Chemie“ Zeitschrift ein blühendes, starkes Lebenszeichen. Und Ja, das erfüllt mich schon auch mit Stolz.
Blick zurück…
Ich darf bei dieser Gelegenheit zurückgreifen und aus dem Vorwort meines Vaters Dr. Sepp Fischer zur Ausgabe „100 Jahre Österreichische Chemie Zeitschrift“ zitieren:
Alle Versuche die Technik wie auch die Chemie transparent und populär zu machen, sind damals wie heute, zum Scheitern verurteilt. Die Angst vor unheimlichen technischen Vorgängen und der Alchemie sitzt anscheinend tief in der Bevölkerung und wird geschickt von den Medien im Fernsehen und von populären Printmedien geschürt. Diskussionsrunden, besetzt mit hervorragenden Fachleuten, können durch einfach eingeworfene Standardstichworte wie „Ultragift“, ,,geklont“, ,,verstrahlt“ usw. direkt in Richtung einer Abwehrschlacht für die Naturwissenschaften umgekehrt werden. Der Versuch mit Ergebnissen der Forschung oder Hinweisen auf internationale Fachliteratur seinen Standpunkt zu verteidigen scheitert.
Dr. Sepp K. Fischer
Wir haben nicht gelernt die Sprache des Nichtchemikers zu sprechen! Wir präsentieren unsere Geheimsprache der Insider, die für den Laien völlig unverständlich ist. Institutionen wie Universitäten, GÖCh, Chemische Industrie und Chemiewirtschaft müssen gemeinsam mit Journalisten, der Marktforschung und PR-Firmen zusammenarbeiten um Strategien zu entwickeln, die die Chemie von ihrem Schleier des Unheimlichen und Gefährlichen befreit. Schon der Student muss lernen seinen Beruf und seine Tätigkeit verständlich publik zu machen.
Es liegt an uns mit viel Elan und Einsatz in den nächsten Jahren zu zeigen, was die Chemie, was die Technik, für unser Leben bedeutet und bringt. Wir müssen z.B. die Akzeptanz der Gentechnologie in Richtung Medizin – soweit es die Möglichkeit der Krankheitsheilung betrifft – anstreben. Bleiben wir nicht in der Rolle der Beschwichtiger und Verteidiger stehen, zeigen wir ruhig auch die Gefahren der Chemie auf, aber blicken wir selbstbewusst in die Zukunft mit all den Erfolgen, die die Chemie in den letzten 100 Jahren zum Wohle der Menschen gebracht hat.
Was vor zwanzig Jahren galt, hat nicht an Aktualität verloren und ich hoffe sehr, dass auch wir mit unserem starken Lebenszeichen der letzten Jahre dazu beizutragen, den Nichtchemikern einige Nebelschleier vom großen Mythos Chemie zu lüften. Die TV-Spot Kampagne „Was wäre die Welt ohne Chemie?“ des Fachverbandes der Chemischen Industrie oder die regelmäßigen Chemiker-Tage und andere öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen der GÖCh sind nur einige Beispiele jüngster Zeit, dass hier erfolgreich aufgeklärt wird, Interesse geweckt und Zugänge geschaffen werden.
Blick nach vorn…
Ich für meinen Teil habe nicht vor, diesen Entwicklungen nur zuzusehen. Auch wir werden – wenn wir als Branchenmagazin auch unseren eher introvertierten Platz haben – im Online-Bereich zukünftig verstärkt die Themen Bildung, Ausbildung und Eintritt in die Welt der Chemie für junge Menschen forcieren.
120 Jahre sind natürlich eine lange Zeit, in denen vieles passiert ist. Forschung und Entwicklung im chemischen Bereich haben für die Menschheit grandiose Errungenschaften mit sich gebracht. Die aktuellen und stetigen Fortschritte in Prozessen, die Möglichkeiten der Automation und Vernetzung der Industrie(en) sind es wert, den Fachkräften und Entscheidern unserer Industrie nahegebracht zu werden. Dazu braucht es auch starke Branchenmagazine und ich hoffe, die Österreichische Chemie Zeitschrift erfüllt hier ihren Teil.
Die Österreichische Chemie Zeitschrift sagt Danke
Die Möglichkeit dazu ist natürlich in großem Maße den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu verdanken, die unermüdlich Ausgabe für Ausgabe die Qualitätsschrauben weiter nach oben drehen. Daher möchte ich allen beteiligten Damen und Herren der letzten und kommenden Jahre hiermit meinen außerordentlichen Dank sagen und mich herzlich bedanken für ihren Einsatz. Solche Geburtstage könnten wir ohne Sie nicht feiern.
Danke an die Institutionen und Firmen, die die Zeit gefunden haben, uns Grußworte und Glückwünsche zukommen zu lassen. Sie finden diese quasi als Ausgabenmantel und ich möchte darauf hinweisen, dass hierbei keine Werbegelder geflossen sind.
Ein weiterer besonderer Dank gilt den vielen Generationen unserer Leser und an unsere Inserenten, ohne deren finanzielle Unterstützung es nicht möglich gewesen wäre, 120 Jahre als zumeist frei finanziertes Fachorgan in Österreich zu überleben.
Mit solchen Voraussetzungen ist es auch als Printmedium ein Leichtes, hoffnungsvoll und bestimmt in die Zukunft zu blicken.
Florian Michael Fischer
Herausgeber, Eigentümer und Verleger