Seit zehn Jahren besteht LANXESS Central Eastern Europe s.r.o. im slowakischen Bratislava. Der Spezialchemie-Konzern kann in der Region auf ein solides Wachstum zurückgreifen und feierte das Jubiläum im Rahmen einer offiziellen Feierstunde in Anwesenheit des deutschen Botschafters in der Slowakei und Vorstandsmitglied Rainier van Roessel. Die Österreichische Chemie Zeitschrift wurde zu diesem Anlass eingeladen, ein österreich-exklusives Interview mit LANXESS Vorstandsmitglied Rainier van Roessel und LANXESS CEE CEO Wolfgang Heuchel zu führen.
Österreichische Chemie Zeitschrift: 10 Jahre LANXESS CEE. Ganz direkt gefragt, Herr van Roessel, hat sich’s ausgezahlt?
Rainier van Roessel: Wir sind mit der Entscheidung hier (Anm.d.Red.: in Bratislava) mit einer eigenen Gesellschaft gestartet zu sein sehr froh. Es ist eine sehr wichtige Wachstumsregion, in der sich unser Geschäft seit 2008 gut entwickelt hat. Das sieht man auch an unseren Räumlichkeiten. Wir haben hier mit einem kleinen Büro angefangen, sind inzwischen in ein deutlich größeres und moderneres gezogen. Wenn man auf die zahlen schaut, haben wir unseren Jahresumsatz in CEE mehr als verdoppelt auf fast 500 Millionen Euro. Gestartet sind wir mit Büros in 5 Ländern und inzwischen haben wir Präsenzen in 8 Ländern, betreuen insgesamt um die 20 Märkte mit spezifischen Besonderheiten.
Unser Konzept, die Märkte über einen regionalen Ansatz zu betreuen, hat sich sehr bewährt. Das Engagement der Mitarbeiter war und ist riesig und das macht oft den Unterschied aus. Kurz: wir sind mit der Entwicklung sehr, sehr zufrieden.
ÖCZ: Auf Welche Produkte legen sie in CEE den Fokus, was sind die stärksten Bereiche?
Rainier van Roessel: Wir haben eine attraktive Kundenstruktur, die wir mit unserem gesamten Portfolio bedienen: Zentral sind die Bereiche Automobil und Reifen, die Chemieindustrie, aber etwa auch die Bauindustrie. Da unsere Kunden in der Region stark wachsen, sind wir froh, Ihnen mit innovativen Produkten und Lösungen bei diesem Wachstum helfen können. Und wenn man bedenkt, dass wir in dieser Region rund 5% des Konzernumsatzes machen, hat das nochmal mehr Bedeutung.
In Westeuropa haben wir zwar in Summe auch eine positive Entwicklung, aber die Wachstumsraten in der Region CEE sind deutlich höher.
ÖCZ: Herr Heuchel, Sie sind seit 2013 mit der Leitung von LANXESS CEE betreut, welche Highlights lassen sich von Ihnen hervorheben?
Wolfgang Heuchel: Ich bin 2013 hier angekommen, nachdem ich vorher 5 Jahre für unser Wasseraufbereitungsgeschäft in Asien tätig war. Denn leichten “Kulturschock” habe ich auch dank großartiger Unterstützung des Teams hier schnell überwunden (lacht). Überhaupt ist das bereits angesprochene Engagement des Teams hier hervor zu heben – wir sind ja nicht nur kundenseitig gewachsen, sondern haben auch in der Mannschaftsstärke zugelegt. Als ich ankam hatten wir knapp 40 Mitarbeiter, jetzt sind es über 60. So konnten wir das hiesige Wachstum sehr gut begleiten.
Bei den Kunden in der Slowakei steht, wie gesagt die Automobil-Industrie klar an erster Stelle – wir haben hier 3 große Hersteller: Volkswagen, der größte Arbeitgeber noch vor dem Staat, PSA und KIA. Ende diesen zweiten Halbjahres werden auch Landrover und Jaguar den Betrieb aufnehmen. Das bedeutet für uns weitere Chancen zur Ausweitung des Geschäftes.
Auch im Haushaltsgeräte-Bereich haben wir mit namhaften Herstellern gute Kooperationen geschlossen und bilden gemeinsame Teams mit den Zulieferern oder Herstellern um Forschung und Entwicklung anzutreiben.
ÖCZ: Wie sehen sie die weitere Entwicklung? 8 Büros mit 20 Märkten, sehen sie hier weitere Standort-Eröffnungen oder haben Sie die perfekte abdeckung erreicht?
Rainier van Roessel: Die Region sehen wir als sehr starke Wachstumsregion. Wir sind stetig dabei, LANXESS weiterzuentwickeln und stärken uns im Bereich Spezialchemie. Daher gehe ich davon aus, dass die Kombination Wachstum in der Region und unsere Erweiterung im Angebot dazu führen werden, dass wir – nicht unbedingt mit neuen Büros, aber auf jeden Fall mit mehr Mitarbeitern in der Region tätig sein werden.
ÖCZ: Wird Chemtura als Eigenmarke verschwinden?
Rainier van Roessel: Wir haben mit LANXESS in den letzten 14 Jahren eine sehr starke Marke aufgebaut, was natürlich bei der Geschäftsentwicklung hilft. Daher nutzen wir seit der Akquisition auch die Marke Chemtura nicht mehr, sondern führen alles unter LANXESS.
Chemtura werden sie jetzt nirgendwo mehr finden, auch nicht bei den rechtlichen Firmenbezeichnungen in den Ländern. Wir sind sofort hingegangen und haben die diversen Gesellschaften direkt in LANXESS umbenannt.
Das gleiche haben wir 2016 bei der Übernahme des Clean&Disinfect-Geschäfts von Chemours praktiziert. Ich kann mich gut erinnern, bei meinem ersten Besuch dort waren bereits überall neue LANXESS-Schilder montiert, sogar die Mitarbeiteranweisungen im Betrieb – ganz im Sinne von “neue Firma, neue Identifikation”. Und das war nur Tage nach der Übernahme. Da zeigt das großes Engagement der neuen Mitarbeiter und dass sie gerne zu uns gekommen sind.
Das bedeutet aber nicht, dass auch alle Produkte umgestellt werden. Etablierte Produktnamen, manchmal sogar hundert Jahre alt , umzubenennen, wäre nicht zielführend. Aber alle Produkte werden unter der Marke LANXESS verkauft werden.
ÖCZ: Sehen Sie nach Chemtura noch akuten weiteren Bedarf in ihrem Portfolio?
Rainier van Roessel: Wir wollen unser Portfolio dauerhaft weiterentwickeln. Auf organische Weise – wir investieren jedes Jahr erhebliche Millionenbeträge -, aber auch durch Portfoliomanagement, also Zukäufe. Nach Chemtura haben wir ja bereits eine weitere Akquisition in den USA vorgenommen – das Phosphorgeschäft von Solvay. Das ist zwar von der Größenordnung ein paar Nummern kleiner als Chemtura, aber eine hervorragende Ergänzung für unsere Flammschutzadditive.
Wichtig bei den Akquisitionen ist, dass die Integration schnell angegangen und gut umgesetzt wird. Und je größer eine übernommene Einheit ist, je mehr Mitarbeiter sie übernehmen, umso herausfordernder ist eine Integration. Bei Chemtura haben wir im letzten Jahr sehr intensiv daran gearbeitet und die Integration weitgehend erfolgreich abgeschlossen.
ÖCZ: Sehen sie nach dem für Sie laut EBITDA sehr erfolgreichen Jahr 2017 für 2018 große Herausforderungen auf Sie zukommen? Hürden, für die sie jetzt schon Anlauf nehmen?
Rainier van Roessel: Wenn Sie unser EBITDA als Kennziffer nehmen, haben wir 2017 tatsächlich ein Rekordjahr erzielt. Wir gehen für 2018 von einem weiteren, leichten Wachstum in unseren Spezialchemie-Segmenten aus. Aber es gibt schon Herausforderungen, die wir zusätzlich sehen – die Rohstoffentwicklung, die Währungsschwankungen – alles Dinge, die sich nicht immer positiv für uns auswirken können. Auch wenn man auf die große politische Bühne schaut, ist manches besorgniserregend. Zum Beispiel, was gerade in diesen Tagen mit dem freien Handel – auf dem ja ein Großteil des weltweiten Wohlstandes beruht – passiert. Das ist natürlich etwas, auf das auch wir mit Sorge blicken.
Aber grundsätzlich ist LANXESS gut aufgestellt. Unseren Footprint in Nordamerika haben wir durch Chemtura deutlich gestärkt und unser Portfolio in vielen anderen Bereichen weiter verbessert.
ÖCZ: Wo geht LANXESS CEE hin? Wenn wir in fünf Jahren wieder zusammensitzen, was werden Sie mir mitteilen können?
Rainier van Roessel: Wie bereits erwähnt, sehen wir in der Region enormes Wachstumspotential und es spricht einiges dafür, dass sich das fortsetzt. Wir sehen eine junge, ehrgeizige Bevölkerung. Wir sehen eine starke Dynamik in den Ländern – das sind gute Rahmenbedingungen für die Kunden und natürlich auch für uns. Es ist nun mal die Wachstumsregion in Europa und daher gehe ich davon aus, dass die Region in 5 Jahren einen größeren Anteil am europäischen Umsatz haben wird als heute.
Wolfgang Heuchel: Ich sehe das genauso. Es gibt so eine Faustregel: Wenn das Wachstum in Westeuropa 1% beträgt, dann beträgt es hier 1,3%. Das haben wir in den letzten Jahren verifizieren können. Und einen solchen Hebel sehen wir auch für die nächsten Jahre, da hier viele Länder weiter wachsen werden: Rumänien beispielsweise hat dieses Jahr voraussichtlich Wachstumsraten von 4,5-5,5%, hier in der Slowakei, in Tschechien oder in Polen spielt sich alles um 3,5% Wachstum ab.
Kurzum, wir sind darauf eingerichtet, dieses Wachstum zu begleiten und auch selber weiter zuzulegen, und zwar überdurchschnittlich. Wo wir dann in fünf Jahren genau stehen, werden wir sehen.