Bedaquilin und Delamanid gehören zu einer neuen Generation von Medikamenten im Kampf gegen Tuberkulose. Erst kürzlich in Europa und den USA bewilligt gelten Sie zu den letzten verfügbaren Mitteln gegen multiresistente Tuberkulose. Ein Fall in der Schweiz bereitet aber Grund zur Sorge.
Die Krankengeschichte eines tibetanischen Flüchtlings in der Schweiz zeigt die Aggressivität und Hartnäckigkeit der Krankheit: 2010 wird bei dem Mann multiresistente Tuberkulose diagnostiziert und mittels Therapie mit vier Antibiotika behandelt. Erfolglos. Erst das neue Bedaquilin kann ein befriedigendes Behandlungsergebnis herbeiführen und 2013 wird der Patient für vollständig genesen erklärt. Nur fünf Monate später erleidet er einen Rückfall, wird mit sieben verschiedenen Antibiotika ohne Erfolg behandelt. Auch das schlussendlich eingesetzte Delamanid zeigt keine Wirkung – Die Tuberkuloseerreger entwickeln innerhalb weniger Wochen Resistenzen. Er überlebt nur durch die operative Teilentfernung seiner Lungenflügel.
Nun haben Forscher des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institutes (Swiss TPH) die Ergebnisse ihrer mittels Genomanalysen die Erregerbakterien des Patienten geführten Studie präsentiert. Und diese Ergebnisse sind ernüchternd: Die Geschwindigkeit mit der der Tuberkuloseerreger Resistenzen entwickelt ist enorm.
„Dass eine multiresistente TB selbst in der Schweiz kaum heilbar ist, bereitet mir Sorgen“, sagt Sébastien Gagneux, vom Swiss TPH und Mitautor der Studie. „Die Behandlung wäre wohl erfolgreicher verlaufen, hätte man die beiden neuen Antibiotika (Bedaquilin und Delaminid, Anm.) zusammen verabreicht“ Gemeinsam hätten die Antibiotika nicht nur alle Bakterien beseitigt, sondern die Resistenzbildung erschwert. Allerdings gibt es bislang keine Studien darüber, wie die beiden neuen Medikamente zusammen wirken und welche Nebenwirkungen dabei auftreten können.
Das Problem liege nicht nur in der raschen Resistenz-Entwicklung der Bakterien, sondern auch in der Vernachlässigung der Tuberkuloseforschung. Die westlichen Gesellschaften verstehen Tuberkulose als Krankheit von Entwicklungsländern, jedoch treten immer mehr Fälle von multiresistenten Erregerstämmen in Osteuropa auf. Da Tuberkulose hochansteckend und über die Luft von Mensch zu Mensch übertragbar ist, bleibt sie eine globale Bedrohung.
[alert-warning]Publikation
Guido V. Bloemberg, Peter M. Keller, David Stucki, Andrej Trauner, Sonia Borrell, Tsogyal Latshang, Mireia Coscolla, Thomas Rothe, Rico Hömke, Claudia Ritter, Julia Feldmann, Bettina Schulthess, Sebastien Gagneux, and Erik C. Böttger.
Acquired Resistance to Bedaquiline and Delamanid in Therapy for Tuberculosis.
New England J Med. 373: 20, 2015.
DOI: 10.1056/NEJMc1506878
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Head of Tuberculosis Research
Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut
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