Kelvin ist die internationale Basiseinheit für die thermodynamische Temperatur. Sie beschreibt Temperatur unabhängig von Umgebungsbedingungen und ist weltweit in Wissenschaft und Technik verbindlich. Die Skala beginnt beim absoluten Nullpunkt – jenem theoretischen Zustand, in dem sämtliche thermische Bewegung von Teilchen zum Stillstand kommt. Anders als bei Celsius oder Fahrenheit ist der Nullpunkt der Kelvin-Skala nicht willkürlich gewählt, sondern physikalisch begründet.
Temperaturdifferenzen in Kelvin und Grad Celsius sind gleich groß, aber ihre Nullpunkte unterscheiden sich um exakt 273,15 Einheiten. Das macht Kelvin ideal für exakte Temperaturmessungen, etwa in der Quantenphysik, Kryotechnik oder bei der Definition von Naturkonstanten. Die Einheit ist in fast allen Ländern gesetzlich anerkannt und fest in das internationale Einheitensystem (SI) eingebunden.
Physikalische Grundlage und Definition
Seit 2019 ist Kelvin über die Boltzmann-Konstante definiert. Diese beschreibt das Verhältnis zwischen Temperatur und Energie auf Teilchenebene. Ein Kelvin entspricht genau jener Temperaturänderung, die eine Energieänderung von 1,380 649 × 10⁻²³ Joule pro Teilchen bewirkt. Diese konstante Verknüpfung macht Kelvin materialunabhängig und direkt über physikalische Grundgrößen nachvollziehbar.
Zuvor war die Einheit an den Tripelpunkt des Wassers gebunden – jenen Zustand, bei dem Wasser gleichzeitig fest, flüssig und gasförmig existiert. Dieser Punkt war präzise reproduzierbar, aber nicht vollständig frei von chemisch-physikalischen Einflüssen. Die heutige Definition löst dieses Problem durch Bezug auf eine Naturkonstante.
Temperatur und Skalenverschiebung
Die Kelvin-Skala beginnt bei 0 K, dem absoluten Nullpunkt, der −273,15 °C entspricht. Daraus ergibt sich eine konstante Differenz zur Celsius-Skala:
Weil beide Skalen die gleiche Schrittweite besitzen, sind Temperaturdifferenzen in Kelvin und Celsius identisch – lediglich der Nullpunkt ist verschoben.
Historischer Überblick
Die Grundlagen der Kelvin-Skala gehen auf das Jahr 1848 zurück, als der britische Physiker William Thomson, später bekannt als Lord Kelvin, eine absolute Temperaturskala vorschlug. Diese sollte am absoluten Nullpunkt ansetzen, also bei jener Temperatur, bei der jegliche thermische Bewegung der Teilchen aufhört. Bereits damals war das Ziel, eine Skala zu entwickeln, die unabhängig von willkürlich gewählten Fixpunkten wie dem Gefrierpunkt von Wasser funktioniert.
Im Zuge internationaler Standardisierungsbemühungen wurde 1954 durch die Generalkonferenz für Maß und Gewicht festgelegt, dass die thermodynamische Temperatur über den Tripelpunkt des Wassers definiert wird. Der Vorteil dieses Referenzpunkts lag in seiner Reproduzierbarkeit: Bei exakt bestimmten Druck- und Temperaturbedingungen kann Wasser gleichzeitig in allen drei Aggregatzuständen vorkommen. Diese Klarheit machte den Tripelpunkt für viele Jahrzehnte zur Grundlage der Kelvin-Definition.
1967 erfolgte eine begriffliche Klärung: Die bis dahin gebräuchliche Bezeichnung „Grad Kelvin“ wurde offiziell durch den schlichteren Begriff Kelvin ersetzt. Damit wurde betont, dass es sich nicht um eine abgeleitete Skala, sondern um eine eigenständige SI-Basiseinheit handelt. Temperaturdifferenzen sollten weiterhin in Kelvin angegeben werden, Celsius blieb für praktische Anwendungen als parallele Skala erhalten.
Im Rahmen einer grundlegenden Neudefinition des Internationalen Einheitensystems wurde das Kelvin schließlich 2019 neu gefasst. Statt sich weiterhin auf physikalisch realisierbare Zustände wie den Tripelpunkt zu stützen, beruht die Einheit seither auf einer festen physikalischen Konstante. Damit wurde die Definition dauerhaft stabil, präzise und von experimentellen Bedingungen unabhängig gemacht. Das neue Kelvin stimmt so genau wie möglich mit dem bisherigen Maßstab überein, erfüllt aber modernste Anforderungen an Messgenauigkeit und Reproduzierbarkeit.
Energiebezug und praktische Relevanz
In der Physik ist Temperatur eng mit Energie verknüpft. Oft wird daher nicht nur in Joule oder Elektronenvolt (eV) gerechnet, sondern auch direkt in Kelvin. Ein Beispiel: Die Energiebarriere, die nötig ist, um ein Wasserstoffmolekül in Rotation zu versetzen, liegt bei etwa 174 K. Für Schwingungen sind rund 5980 K nötig – diese finden also nur bei sehr hohen Temperaturen statt.
Solche Angaben erleichtern den Vergleich thermischer Effekte in Molekülen oder Festkörpern und ermöglichen es, auf einen Blick zu erkennen, ob thermische Fluktuationen zur Überwindung von Energiebarrieren ausreichen.
Umrechnung in andere Temperaturskalen
Für praktische Zwecke ist die Umrechnung von Kelvin in andere Temperaturskalen wichtig. Die grundlegenden Formeln lauten:
- Celsius: T(°C) = T(K) − 273,15
- Fahrenheit: T(°F) = T(K) × 9⁄5 − 459,67
- Rankine: T(°Ra) = T(K) × 9⁄5
Fixpunkte wie der Gefrierpunkt oder Siedepunkt von Wasser können über diese Formeln exakt umgerechnet werden. Die frühere Rolle dieser Punkte als Referenzwerte hat seit der Neudefinition jedoch keine normgebende Bedeutung mehr.
Verwendung in der Lichttechnik: Farbtemperatur
Kelvin findet auch in der Lichttechnik Anwendung – allerdings nicht zur Messung physikalischer Temperatur, sondern zur Beschreibung des Farbeindrucks einer Lichtquelle. Die sogenannte Farbtemperatur basiert auf dem Spektrum eines Schwarzen Körpers: Eine Lichtquelle mit 3000 K erzeugt warmweißes Licht, während 6000 K als kaltweiß wahrgenommen werden. Je höher der Wert, desto bläulicher erscheint das Licht.
Schreibweise und Symbolik
Kelvin wird mit dem Großbuchstaben K abgekürzt – ohne Gradzeichen. Die frühere Form „°K“ ist veraltet. Auch das Unicode-Zeichen „K“ (U+212A) wird nicht empfohlen, obwohl es existiert. Wie bei anderen SI-Einheiten sind auch bei Kelvin Vorsätze wie Milli-, Mikro- oder Giga- möglich. In der Tieftemperaturphysik sind Millikelvin (mK) und Mikrokelvin (μK) gängige Größenordnungen, während in der Astrophysik Megakelvin (MK) oder sogar Gigakelvin (GK) verwendet werden.
Der vorliegende Text stellt eine vollständig überarbeitete und neu strukturierte Fassung des Wikipedia-Artikels “Kelvin” dar. Er unterliegt der Lizenz CC BY-SA 3.0 und enthält keine inhaltlichen Ergänzungen über die Originalquelle hinaus. Stand: 09.05.2025