Ein neuer Teilchenbeschleuniger wird in Zukunft die Forschungslandschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ergänzen und zudem für klinische Anwendungen in der Medizin zur Verfügung stehen. Das Zyklotron wurde am Donnerstag auf dem Campus der JGU in ein unterirdisches Gebäude des Instituts für Kernchemie eingebracht. Es wird kurzlebige Isotope erzeugen, die vor allem für die Grundlagenforschung, aber auch für die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) benötigt werden. Die Kosten für das Großforschungsgerät belaufen sich auf rund eine Million Euro und werden aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Forschungsinitiative Rheinland-Pfalz aufgebracht. Die Inbetriebnahme des Zyklotrons ist für das Frühjahr 2016 vorgesehen.
Bei dem Zyklotron handelt es sich um einen kreisförmigen Teilchenbeschleuniger, der eine Grundfläche von ca. 7,5 Quadratmeter einnimmt und eine Höhe von zwei Meter aufweist. Das 50 Tonnen schwere Gerät wurde mit Hilfe eines Krans durch eine Öffnung in der Decke von oben in einen unterirdischen Bau eingebracht. Dieses neue Gebäude umfasst außer dem Raum für das Zyklotron selbst noch Räume für die Technik, die Steuerung und Kontrolle sowie eine Schleuse. Das Gebäude ist direkt an den Erweiterungsbau Kernchemie mit allen sicherheitsrelevanten Vorrichtungen angeschlossen.
Durch die Beschleunigung von Protonen auf eine Energie von 9,7 Megaelektronenvolt (MeV) können in der Anlage künftig die beiden radioaktiven Elemente Fluor-18 und Kohlenstoff-11 hergestellt werden, die hauptsächlich Forschungsarbeiten in der Chemie und Pharmazie dienen, aber auch in der medizinischen Diagnostik zur Bildgebung mittels PET benötigt werden. F-18 und C-11 haben eine kurze Halbwertszeit von zwei Stunden bzw. 20 Minuten und müssen daher in der Nähe des Verwendungsortes erzeugt werden, um in ausreichender Menge zur Verfügung zu stehen. Mit C-11 markierte Radiopharmaka wurden wegen der besonders kurzen Halbwertszeit in Mainz überhaupt noch nicht produziert. Dies ist nun mit dem neuen Gerät an der JGU möglich.
„Das Zyklotron wird die hier vorhandene Infrastruktur weiter stärken und einen Engpass bei der Herstellung von radioaktiven Nukliden beseitigen“, erwartet Univ.-Prof. Dr. Frank Rösch vom Institut für Kernchemie. „Es wird die Entwicklung neuer Radiopharmaka, ihre präklinische Beurteilung und in Zusammenarbeit mit der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin die potenzielle Anwendungen am Menschen deutlich erleichtern.“ Weitere Nutzungen sind im Rahmen interdisziplinärer Kooperationen geplant, bei denen die Bereiche Kernchemie, Pharmazie, organische Chemie und Nuklearmedizin auf dem Gebiet der Entwicklung und Evaluierung von neuen PET-Radiopharmaka auch mit externen Einrichtungen wie beispielsweise der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie der RWTH Aachen und dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung Mainz kooperieren.