Im Rahmen des Projekts AWARD hat das AIT in Seibersdorf einen automatisierten Gabelstapler für den robusten Outdoor-Betrieb präsentiert. Der CRAYLER BM stellt sich flexibel auf die aktuelle Situation ein und operiert bei jeder Wetterlage mit dem erforderlichen Sicherheits- und Funktionsniveau.
Im europäischen Großprojekt „AWARD“ (All Weather Autonomous Real logistics operations and Demonstrations) wird untersucht, wie automatisierte Transportfahrzeuge den Gütertransport bei jedem Wetter in Europa nachhaltig verbessern können. Auf internationaler Ebene untersuchen die Projektpartner vielfältige Anwendungsfälle und Szenarien. In Österreich konzentriert sich das AIT speziell auf die Automatisierung von Be- und Entladevorgängen durch Gabelstapler im Outdoor-Betrieb. Dadurch soll die Effizienz in der Logistikbranche in Zukunft deutlich gesteigert werden.
Einbeziehung des Zusammenspiels Mensch – Maschine
Das AIT spielt dabei eine Schlüsselrolle bei der Optimierung logistischer Prozesse. „AWARD ist ein Musterprojekt, das unseren Fokus auf das Thema Industrie 5.0 unterstreicht: Es geht um intelligente Automatisierung für mehr Nachhaltigkeit und Effizienz – unter Einbeziehung des Faktors Mensch“, betont Andreas Kugi, Scientific Director des AIT.
Bei der Entwicklung des automatisierten Gabelstaplers unter Einbeziehung des Zusammenspiels Mensch – Maschine sind das AIT Center for Technology Experience (AIT Koordinator bei AWARD) sowie das AIT Center for Vision Automation and Control beteiligt. Der fahrerlos agierende Gabelstapler wurde im Large-Scale Robotics Lab, dem AIT eigenen Outdoor-Testgelände für Arbeitsmaschinen in Seibersdorf, präsentiert. Im konkreten Anwendungsfall wurde die automatisierte Be- und Entladung eines LKWs mit Paletten von und zu einer Ladezone demonstriert.
Intelligente Automatisierung für den robusten Outdoor-Betrieb
Die Automatisierung des komplexen Ablaufs von Be- und Entladevorgängen stellt eine herausfordernde Aufgabe dar. Insbesondere unter verschiedenen Wetterbedingungen, ohne vorgegebene Routen und in Umgebungen mit unterschiedlichsten Hindernissen. Das präzise Verladen von Paletten erfordert eine zentimetergenaue Positionierung des Gabelstaplers. Diese wird durch den Einsatz modernster Sensortechnologien und intelligenter Softwarelösungen gewährleistet. Bedeutende Herausforderungen für automatisierte Fahrzeuge und Maschinen sind nach wie vor unstrukturierte Umgebungen und wechselhafte Wetterbedingungen.
„Erste und wichtigste Anforderung war es daher, ein System zu entwickeln, das sich flexibel auf die aktuelle Situation einstellt und bei jeder Wetterlage mit dem erforderlichen Sicherheits- und Funktionsniveau operiert“, betont Patrik Zips, Experte im Bereich der Automatisierung am AIT.
Durch den Einsatz neuester Algorithmen ist es am AIT nun gelungen, die Anpassungsfähigkeit und Präzision des Gabelstaplers erheblich zu verbessern. Diese Fortschritte ermöglichen es, effektiver auf unvorhergesehene Ereignisse, wie plötzlich auftretende Hindernisse, zu reagieren. Künstliche Intelligenz spielt eine entscheidende Rolle im Betrieb autonomer Gabelstapler im Logistikbereich.
„Für die Ablaufsteuerung, Fehlerdetektion und insbesondere für die Erkennung und zentimetergenaue Lagebestimmung von Ladungsträgern sind KI-basierte Methoden unverzichtbar“, so Markus Murschitz, der sich am AIT mit der Umfeldwahrnehmung autonomer Arbeitsmaschinen und Nutzfahrzeugen beschäftigt.
In der Logistik dienen Ladungsträger, wie Paletten, Gitterboxen, Container und speziell angefertigte Transportgestelle dazu, mehrere Waren zu einer Ladeeinheit zu bündeln. Während Gabelstaplerfahrer:innen aufgrund ihrer Erfahrung unterschiedliche Ladungen intuitiv erfassen und entsprechend reagieren können, stellt dies für eine autonome Maschine eine deutlich größere Herausforderung dar. Die Erkennung verschiedenster, oft verdeckter Ladungsträger gelingt nur mit neuronalen Netzen.
Mensch-Maschine-Interaktion
Neben den technischen Herausforderungen lag der weitere Fokus der AIT-Forschung auf dem Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine.
„Ziel ist es, Menschen in Synergie mit zukünftigen autonomen Systemen zu unterstützen und ein menschzentriertes Interface für die Interaktion mit dem automatisierten Gabelstapler zu entwickeln“, schildert Setareh Zafari, Human-Robot-Collaboration Expertin am AIT, die Herausforderung.
Um über die Akzeptanz des autonomen Gabelstaplers mehr zu erfahren, läuft aktuell im Zuge von AWARD eine Umfrage. Ziel der Studie ist es, besser zu verstehen, wie Menschen über den Einsatz von automatisierten Fahrzeugen im Logistik-Bereich denken. Zudem wie Design und Funktionalitäten bei automatisierten Logistik-Fahrzeugen aussehen sollen. Industrie-Expert:innen, Logistik-Profis und Forscher:innen bis hin zur breiten Öffentlichkeit sowie Vertreter:innen aus dem Public Sektor und von Maschinen-Herstellern sind eingeladen, daran teilzunehmen. Die Studie läuft noch im Mai: https://award-h2020.eu/index.php/award-survey-4/
Ausblick in die Zukunft
Das primäre Ziel des AWARD-Projekts ist es, die kommerzielle Nutzung automatisierter Fahrzeuge im Logistikbereich zu fördern und Empfehlungen für Zertifizierungen sowie Zulassungsprozesse als Grundlage für politische Entscheidungen zu formulieren. Zusätzlich soll es in Zukunft möglich sein, eine Flotte von Gabelstaplern oder anderen Maschinen remote zu überwachen und Aufgaben zuzuweisen. Im Rahmen des Projekts wurden daher gezielt Daten gesammelt, die den Industriepartner:innen zur Entwicklung eines ausgeklügelten Flottenmanagementsystems bereitgestellt werden.
Projekt AWARD: Großes Konsortium mit vielfältigem Know-how
Das Projekt AWARD „All Weather Autonomous Real logistics operations and Demonstrations“ (AWARD), das von der Europäischen Kommission über das HORIZON 2020-Rahmenprogramm mit fast 20 Millionen Euro gefördert wird, zielt auf die Entwicklung und den Betrieb von sicheren automatisierten Transportsystemen in einer Vielzahl von realen Anwendungsfällen in unterschiedlichen Szenarien ab.
Hersteller von Schwerlastfahrzeugen, Technologieanbieter, Endnutzer:innen und Logistikbetreiber:innen aus Fabriken, Lagern, Häfen und Flughäfen sowie Forschungsinstitutionen, Labore und Regulierungsbehörden aus elf europäischen Ländern (Österreich, Norwegen, Frankreich, England, Belgien, Dänemark, Finnland, Deutschland, Niederlande, Spanien, Schweiz) sowie Israel arbeiten beim Projekt zusammen.
In Österreich sind neben dem AIT Austrian Institute of Technology auch die Testregion DigiTrans, der Automobil-Cluster, die AustriaTech, das Linz Center of Mechatronics, die FH Oberösterreich, BRP Rotax, DB Schenker und Business Upper Austria an dem Projekt AWARD beteiligt. Das Projekt läuft seit Jänner 2021 bis Mitte 2024 und wird von EasyMile koordiniert. Das französische Unternehmen ist auf die Entwicklung von Software für fahrerlose Mobilität sowie die Produktion von autonom fahrenden Fahrzeugen spezialisiert.
AWARD wird durch das Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union unter der Grant Agreement No. 101006817 gefördert.