An der University of Washington (Seattle) wurde ein Reaktor entwickelt, mit dem biologisch nicht abbaubare Moleküle zerstört werden können. Mithilfe von „überkritischem Wasser“, das bei hoher Temperatur und hohem Druck gebildet wird, können die schwer zu zerstörenden Chemikalien im Reaktor abgebaut werden.
Diese Technologie könnte helfen, Industrieabfälle zu behandeln, konzentrierte Chemikalien zu zerstören, die bereits in der Umwelt vorhanden sind, und alte Bestände zu beseitigen, wie z. B. die Chemikalien in Löschschaum. Denn derartige Moleküle sind allgegenwärtig, etwa in Lebensmittelverpackungen und Haushaltsreinigungsmitteln. Da diese Chemikalien nicht abgebaut werden, landen sie in Wasser und Nahrung. Sie können zu Krebs oder verminderter Fruchtbarkeit führen. Nach weniger als einer Minute sind die organischen Moleküle dank des Verfahrens zerstört.
Zu diesen Molekülen gehören Perfluoroctansäure (PFOA), die vor allem eingesetzt wird, um Produkte mit wasser- und ölabweisenden Eigenschaften wie wasserdichte Gewebe oder Antihaft-Kochgeschirr herzustellen. Aber auch Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) zählt dazu, die allerdings nur noch für das Hartverchromen eingesetzt werden darf.
Große Hitze und hoher Druck
„Unser Reaktor erhitzt Wasser sehr schnell, aber auf eine andere Art als beim Kochen von Nudeln“, sagt Forscher Igor Novosselov. Parallel zum Erwärmen werde der Druck erhöht. Bei einer bestimmten Kombination aus hoher Temperatur und hohem Druck werde das Wasser überkritisch. Man könne nicht mehr zwischen der Gas- und der Flüssigkeitsphase unterscheiden.
Es ist so etwas wie ein Plasma, in dem die Wassermoleküle sich wie ionisierte Teilchen verhalten. Sie flitzen mit hohen Geschwindigkeiten herum und zerstören alles, was ihnen in den Weg kommt. Vor allem organische Moleküle können in dieser Umgebung nicht überleben.
Igor NovosselovIgor, Professor für Maschinenbau an der UW und leitender Autor der Publikation
Chemikalien, die in normalem Wasser ewig überleben, wie PFOS und PFOA, können in überkritischem Wasser mit sehr hoher Geschwindigkeit abgebaut werden. Wenn die richtigen Bedingungen geschaffen werden, können diese widerspenstigen Moleküle vollständig zerstört werden, wobei keine Zwischenprodukte zurückbleiben und nur harmlose Substanzen wie Kohlendioxid, Wasser und Fluoridsalze, die häufig kommunalem Wasser und Zahnpasta zugesetzt werden.
Reaktor sollte eigentlich chemische Kampfstoffe abbauen
„Wir haben den Reaktor und die damit verbundene Technik ursprünglich entwickelt, um chemische Kampfstoffe abzubauen, die auch sehr schwer zu zerstören sind“, erklärt Novosselov.
Der Reaktor besteht im Grunde aus einem dickwandigen Stahlrohr, das einen Druck von mindestens 200 bar aushalten muss. Dieses ist etwa 30 Zentimeter lang und drei Zentimeter dick. Weil die unterschiedlichen Moleküle, die geknackt werden sollen, unterschiedliche Temperaturen benötigen, um zerstört zu werden, lassen sie sich zwischen 400 und 650 Grad Celsius variieren.
An der Spitze des Rohrs befindet sich eine Einlassöffnung, in die Brennstoff, Wasser und Schadmoleküle eingespritzt werden. Am Boden des Reaktors wird die Mischung abgekühlt, um sowohl einen flüssigen als auch einen gasförmigen Austrag zu erhalten.
Originalpublikation: PFOS destruction in a continuous supercritical water oxidation reactor; Jianna Lia, Conrad Austin, Stuart Moore, Brian R. Pinkard, Igor V.Novosselov; in: Chemical Engineering Journal, Volume 451, Part 4, 1 January 2023, 139063; doi.org/10.1016/j.cej.2022.139063