Die Bilanzmeldung von Endress+Hauser für das Geschäftsjahr 2015 ist auf den ersten Blick solide. Der Mess- und Automatisierungsspezialist gibt sich aber nicht gänzlich zufrieden mit dem Verlauf des Jahres. Wechselkurseffekte belasten den Gewinn.
Der Umsatz der Firmengruppe stieg 2015 um 6,5 Prozent auf über 2,1 Milliarden Euro. CFO Dr. Luc Schultheiss dazu: „Alle wesentlichen Fremdwährungen haben gegenüber dem Euro an Wert gewonnen. In lokalen Währungen haben wir die Verkäufe lediglich um 0,7 Prozent gesteigert.“ In der eigentlichen Berichtswährung der Dachgesellschaft, Schweizer Franken gerechnet sank der Umsatz sogar um 6,6 Prozent.
Das langsamere Wirtschaftswachstum in China sowie der Verfall der Rohstoffpreise und insbesondere des Ölpreises belasteten den Geschäftslauf. „Die geringere Nachfrage der chinesischen Wirtschaft nach Rohstoffen und Energie hat sich in vielen Ländern vom Pazifik über Südostasien bis Südamerika negativ ausgewirkt“, erklärte CEO Matthias Altendorf bei der Präsentation der Bilanz in Basel. Politische Krisen und wirtschaftliche Unsicherheit hätten weltweit auf das Investitionsklima gedrückt.
USA und China hinter den Erwartungen
Mit den USA und China waren laut COO Michael Ziesemer gleich zwei große Märkte im Minus. Deutschland, der grösste Markt für Endress+Hauser bewegte sich im Plus, verfehlte aber deutlich das gesteckte Ziel, während Europa ganzheitlich betrachtet eine robuste Entwicklung vorweisen konnte (plus 1,9 Prozent). Das Wachstum in Amerika und Asien reflektiert mit 7,3 respektive 13,8 Prozent hauptsächlich Währungseffekte. Umsätze in Afrika und Nahost (plus 13,1 Prozent) zeugen dagegen von tatsächlicher Dynamik.
Die Freigabe des Frankenkurses Anfang 2015 bewältigten die Schweizer Gruppenfirmen auf Kosten der Marge. „Das war nur möglich, weil wir aus einer Position der finanziellen Stärke agieren“, sagte CFO Luc Schultheiss. Die höheren Produktionskosten ließen sich nur teilweise durch günstigere Beschaffung kompensieren. Mit höherer Effizienz wolle das Unternehmen den Standortnachteil nach und nach wettmachen. „Wir planen keine Verlagerung von Arbeitsplätzen“, betonte CEO Matthias Altendorf.
Positive Entwicklung bei neuen Geschäftsfeldern
Altendorf zufolge entwickelten sich 2015 konsumnahe und nicht-zyklische Branchen wie Lebensmittel, Wasser/Abwasser und Life Sciences gut. Dienstleistungen und umfassenden Automatisierungslösungen verzeichneten hohe Zuwächse. Auch im Bereich Analyse ist Endress+ Hauser überdurchschnittlich gewachsen. Matthias Altendorf: „Das bestätigt unsere Strategie, die Prozessanalyse zu stärken und die Laboranalyse als Markt zu erschließen.“
Die Laboranalyse-Tochter Analytik Jena wuchs im Kerngeschäft mit analytischen Instrumenten und bioanalytischen Systemen. Ein Großprojekt in Russland sorgte jedoch erneut für ein tiefrotes Ergebnis. In Kanada, Südkorea und der Schweiz baute das Unternehmen eigene Vertriebsstrukturen auf.
„Nicht auf Geldgeber angewiesen“
[alert-warning]Financial Quick-Facts
Das Betriebsergebnis (EBIT) der Gruppe gab um 6,3 Prozent auf 251,3 Millionen Euro nach. Das Finanzergebnis war negativ – eine Auswirkung der Währungsverluste sowie geringerer Erträge auf Kapitalanlagen. Dies zeigt sich im Ergebnis vor Steuern (EBT), das um 14,7 Prozent auf 234,2 Millionen Euro sank. Trotz etwas niedrigerer Steuerquote ging auch das Ergebnis nach Steuern um 14,1 Prozent auf 164,7 Millionen Euro zurück. Die Umsatzrendite (ROS) gab um 2,7 Punkte auf 10,9 Prozent nach.[/alert-warning]
„Für unsere Branche ist das immer noch ein sehr guter Wert“, betonte Luc Schultheiss. Die Produktivität – definiert als Nettowertschöpfung im Verhältnis zum Personalaufwand – sank von 1,37 auf 1,31. Auch hier sieht der Finanzchef das Unternehmen weiter „auf gutem Niveau“.
Unbeeinträchtigt hingegen ist die Finanzkraft. Flüssigen Mitteln von 382,7 Millionen Euro stehen Bankdarlehen von 7,8 Millionen Euro gegenüber. Die mit dem Kauf von Analytik Jena übernommenen externen Kredite tilgte Endress+Hauser weitgehend. Die Eigenkapitalquote stieg um 4,7 Punkte auf 73,0 Prozent. Hier wirken sich Umrechnungseffekte positiv aus, ebenso geringere Pensionsverpflichtungen. „Damit stellen wir sicher, dass wir nicht auf fremde Geldgeber angewiesen sind“, sagte Luc Schultheiss.
Vertrieb und Produktion erfahren hohe Investition
166,1 Millionen Euro, das heisst 31,5 Prozent mehr als im Vorjahr, hat Endress+Hauser 2015 in neue Gebäude und Anlagen investiert. Als größtes Einzelvorhaben sticht mit 49,5 Millionen Franken der Ausbau der Durchflussmessgeräte-Produktion im schweizerischen Reinach heraus. Erweitert wurden auch der deutsche Vertrieb in Weil am Rhein sowie das Werk im elsässischen Cernay. Die Vertriebsgesellschaften in Chile, Italien, Malaysia und Spanien errichteten neue Gebäude.
Die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter belief sich auf 12.952 zum Jahresende. 2015 hat das Unternehmen 517 Stellen geschaffen, davon 353 in Europa und alleine 135 in der deutsch-französisch-schweizerischen Grenzregion um Basel. 270 Entwicklungen meldete Endress+Hauser im vergangenen Jahr erstmals zum Patent an, elf mehr als 2014. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung stiegen um 11,1 Prozent auf 159,7 Millionen Euro. Das entspricht 7,5 Prozent des Umsatzes.
Schwieriges 2016 vor Augen, 2020+ Strategie soll helfen
„Das vergangene Jahr hat uns gezeigt, wie wichtig die richtige Unternehmensstrategie ist“, sagte der CEO abschließend. Die weltweite Präsenz mit Vertrieb und Produktion, die breite Abstützung über unterschiedliche Branchen und das umfassende Portfolio an Produkten, Lösungen und Dienstleistungen hätten im schwierigen Umfeld 2015 geholfen. Diesen Weg will Endress+Hauser mit der neuen Strategie 2020+ konsequent weiterverfolgen. Der Aufbau digitaler Kompetenz bildet dabei einen weiteren Schwerpunkt.
2016 sei Matthias Altendorf zufolge „noch schwieriger“ als das vergangene Jahr. Endress+Hauser hat sich einstelliges Wachstum vorgenommen und will den Gewinn auf ähnlichem Niveau halten wie 2015. Matthias Altendorf: „Derzeit sind wir noch ein gutes Stück von unseren Zielen entfernt, auch wenn sich die Zahlen in die richtige Richtung bewegen.“ Der CEO will deshalb die Kosten besonders im Auge behalten. Dennoch sind bei den Investitionen von 190 Millionen Euro keine Abstriche geplant.