Mit der Ablehnung des neuen, höheren Angebots der Wirtschaft seitens der Gewerkschaften wurde auch die 5. KV-Verhandlungsrunde abgebrochen. Chefverhandler Berthold Stöger warnt davor, die mangelnde Nachfrage und die ökonomischen Folgen nicht in den KV Verhandlungen zu berücksichtigen. Stöger ist Arbeitgeber-Verhandlungsleiter im Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO).
„Das ist, als würde man ungedeckte Schecks ausstellen und mehr hergeben, als man erwirtschaftet hat.“ Stöger appelliert an die Gewerkschaft: „Verschließen Sie die Augen nicht vor der wirtschaftlichen Realität. Die Abgeltung der außergewöhnlich hohen Inflation kann kein Automatismus sein. Wir können nur verteilen, was vorher von den Betrieben verdient wurde. Streikdrohungen bringen uns nicht weiter und schaden allen Beteiligten in der ohnehin schon wirtschaftlich schwierigen Lage. Lösungen werden am Verhandlungstisch gefunden.“
Schlechte Auftragslage in der chemischen Industrie
Kein Verständnis herrscht vor allem auch dafür, dass die Gewerkschaften in der fünften Runde ein neues, höheres Angebot der Wirtschaft zurückgewiesen und die heutigen Verhandlungen vorzeitig abgebrochen haben. Die Arbeitgeber bieten einen sozial gestaffelten Abschluss mit einer Erhöhung von 5,8 Prozent für die Einkommen bis 4.000 €. Höhere Einkommen, die von der Teuerung in weitaus geringerem Ausmaß betroffen sind, bekämen eine etwas niedrigere prozentuelle Erhöhung. Die chemische Industrie gehört seit Jahrzehnten zu den Arbeitgebern mit den bestbezahlten Arbeitsplätzen für die rund 50.000 Mitarbeiter:innen und zählt zu den Spitzenreitern bei den Zulagen und Zuschlägen. Allein die Chemie-Abschlüsse der vergangenen zwei Jahre brachten den Mitarbeiter:innen eine Erhöhung von insgesamt 15,3 Prozent.
Die mangelnde Nachfrage schlägt sich zunehmend auch ökonomisch nieder. „Das gilt es auch in den Kollektivvertragsverhandlungen zu berücksichtigen“, hält Arbeitgeber-Chefverhandler Stöger fest. „Die schlechte Auftragslage in der chemischen Industrie ist eine Tatsache und hält leider weiter an. Nach einem Produktionsrückgang von 10,4 Prozent im Vorjahr sind die Auftragseingänge weiter rückläufig“, erinnert Berthold Stöger. Auch die Voraussagen der Wirtschaftsforscher – etwa die WIFO-Konjunkturprognose für 2024 und ’25 – sprechen von „Gegenwind“, der Österreichs Wirtschaft 2024 „nahe an der Stagnation hält“. Dazu kommt, dass unser Land beim Anstieg der Lohn(stück)kosten aktuell im negativen Spitzenfeld in Europa liegt.
Die Kollektivvertragsverhandlungen der chemischen Industrie werden am 6. Juni 2024 fortgesetzt.