Um den Industriestandort Österreich auf Dauer zu sichern, sind ein hohes Bildungsniveau, gute Fachkräfte und Innovationen die Faktoren, die im globalen Wettbewerb Erfolg versprechen. Treibende Kraft von Innovationen sind qualifiziert ausgebildete Fachkräfte, die in einem der innovationsstärksten Industriezweige überhaupt ihre kreativen Ideen und Fähigkeiten einbringen können.
Hervorragende Mitarbeiter können nur durch ein leistungsfähiges Bildungssystem hervorgebracht werden. Studien wie PISA und TIMMS zeigen, dass in unserem Bildungssystem im naturwissenschaftlichen Bereich noch massiver Verbesserungsbedarf besteht. Große Wissensdefizite bestehen in den chemischen Themengebieten, das liegt vermutlich an der Ausbildung der Lehrkräfte. Nur ein Prozent der Lehrkräfte hat sich auf Naturwissenschaften spezialisiert, in den Spitzenländern sind es im Vergleich dazu 30%. Experimente werden in Österreich nur halb so häufig wie in den Spitzenländern durchgeführt. Auf diese Erkenntnisse muss die Bildungspolitik schnell reagieren.
Da Kinder sehr früh damit beginnen, ihr Umfeld zu ergründen, sollte bereits in der Volksschule naturwissenschaftlich-orientierter Sachunterricht angeboten werden. Deshalb fördert der FCIO seit vielen Jahren den Sachunterricht mit anschaulichen Chemieexperimentiersets, denn gelungene Experimente fördern die Lust auf Lernen. Damit ein spannender und interessanter Volksschulunterricht durchgeführt werden kann, bedarf es aber auch einer dementsprechenden Fachdidaktik. Deshalb fordert der FCIO den Einbau eines naturwissenschaftlichen Moduls in die Ausbildung von Volksschullehrern.
Damit die Kontinuität in der Bildungskette gewährleistet ist, muss der naturwissenschaftliche Unterricht auch an weiterführenden Schulen ausgebaut werden. Chemiestunden werden oft durch nicht ausgebildete Lehrkräfte unterrichtet, daher bedarf es eines Anreizsystems, um für diesen Bereich neue Interessenten zu motivieren.
Eine wichtige Voraussetzung für einen zeitgemäßen Chemieunterricht ist aber nicht nur die Lehreraus- sondern auch die Lehrerfortbildung, um Schülern moderne Inhalte mit Hilfe neuer methodischer Ansätze im Unterricht anbieten zu können. Zahlreiche Aktivitäten, wie z. B. die Sommerschule der Chemie oder auch unsere Bildungsworkshops, in denen besonders engagierte Lehrer anderen interessierten Kollegen ihre Best Practice Beispiele zeigen und so ein wertvoller Multiplikatoreffekt erzielt werden kann, zielen darauf ab.
Zur Überprüfbarkeit der vermittelten Inhalte im Chemieunterricht ist die Einführung einheitlicher Bildungsstandards auch im naturwissenschaftlichen Bereich unumgänglich.
[alert-warning]Forderungen des FCIO an die Bildungspolitik
- Verbindliche Einführung von naturwissenschaftlichem Sachunterricht in Volksschulen und Förderung des experimentellen Zugangs
- Schulpraxisorientierte Reform der Aus- und Weiterbildung für Volksschullehrer im naturwissenschaftlichen Bereich
- Erhöhung des naturwissenschaftlichen Stundenanteils in AHS, NMS und BHS
- Optimierung des Fortbildungssystems für Lehrer der Sekundarstufe I und II durch gezielte Bedarfsorientierung
- Etablierung bundesweiter verbindlicher Bildungsstandards für den naturwissenschaftlichen Unterricht
- Ausbau der dualen Berufsausbildung
- Sicherstellung von Flexibilität und Breite im Chemiestudium
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Die chemische Industrie steuert aufgrund der demografischen Entwicklung auf einen Arbeitskräftemangel zu. Deshalb ist es besonders wichtig, dass sich Schüler intensiver mit einem naturwissenschaftlichen Fach auch in weiterführenden Schulen beschäftigen. Wettbewerbe können dabei ein großer Ansporn sein. Der FCIO fördert deshalb Projektwettbewerbe und die Chemieolympiade und vergibt Preise für Fachbereichsarbeiten.
Eine wichtige Strategie zur Fachkräftesicherung liegt in der Gestaltung moderner Ausbildungsberufe. Die Ausbildung hochqualifizierter Mitarbeiter ist der wichtigste Trumpf im Konkurrenzkampf mit Niedriglohnländern. Wir haben deshalb eine Bildungsoffensive gestartet, die die Nachwuchssicherung von Lehrlingen durch Stärkung der dualen Berufsausbildung zum Ziel hat. Besonders freut es uns, dass der neue modulare Lehrberuf „Lack- und Anstrichmitteltechniker“ erfolgreich umgesetzt werden konnte.
Auch die Qualität der universitären Ausbildung muss international wettbewerbsfähig sein. Deshalb arbeiten wir daran, das Bachelorstudium „Lack- und Beschichtungstechniker“ in Kooperation mit der FH Technikum Wien, dem Forschungsinstitut für Chemie und Technik und der Universität Wien ab 2017 anzubieten. Der Studiengang weist einen starken Praxisbezug auf und soll durch Labor- und Ausbildungsplätze sowie Praktika seitens der Industrie unterstützt werden.
Wir werden auch in Zukunft alles daran setzen, dass die Innovationskraft der österreichischen Unternehmen mit Bildung und Know-how auf allerhöchstem Niveau optimiert werden kann.
KR Ing. Hubert Culik,
Obmann FCIO in der Österreichischen Chemie Zeitschrift, Ausgabe 04/2015