Die Hydrolyse ist eine chemische Reaktion, bei der eine Verbindung unter Mitwirkung von Wasser gespalten wird. Der Begriff stammt aus dem Altgriechischen: „hydor“ bedeutet Wasser, „lysis“ steht für Lösung oder Auflösung. Chemisch betrachtet zerfällt das Wassermolekül in ein Proton (H⁺) und eine Hydroxygruppe (OH⁻), die sich jeweils an zwei neu entstehende Molekülfragmente anlagern.
Ein typisches Beispiel ist die Spaltung einer Verbindung der allgemeinen Form X–Y. Diese reagiert mit Wasser (H–OH), wobei sich das Wasserstoffatom an das Fragment X bindet und die Hydroxygruppe an das Fragment Y. Es entstehen zwei neue Verbindungen: X–H und Y–OH. Diese grundlegende Reaktionsweise gilt als charakteristisch für die Hydrolyse und unterscheidet sie von anderen Zersetzungsreaktionen. Formal lässt sich die Reaktion wie folgt darstellen:
X–Y + H–OH → X–H + Y–OH
Das Reaktionsschema verdeutlicht, dass das Wassermolekül nicht nur als Lösungsmittel, sondern aktiv als Reaktionspartner wirkt. Die Hydrolyse ist die Umkehrung einer Kondensationsreaktion – bei der Kondensation verbinden sich Moleküle unter Abspaltung von Wasser. Wird Wasser gleichzeitig als Reaktionspartner und Lösungsmittel verwendet, spricht man von einer Solvolyse.
Salzhydrolyse und pH-Wert-Veränderungen
Der Begriff Hydrolyse wird nicht nur für kovalente Bindungen verwendet, sondern auch für Gleichgewichtsreaktionen in wässrigen Salzlösungen. Dabei reagieren bestimmte Ionen mit Wasser und verändern dadurch den pH-Wert der Lösung. Solche Prozesse, die als Salzhydrolyse bezeichnet werden, wurden bereits im 19. Jahrhundert von Svante Arrhenius im Rahmen seines Säure-Base-Konzepts beschrieben.
Typisch ist die Reaktion von Kationen wie Ammonium oder Anionen wie Carbonat, die sich in Lösung wie schwache Säuren bzw. Basen verhalten. Das entstehende Gleichgewicht kann eine Lösung messbar ins Saure oder Basische verschieben. Diese Form der Hydrolyse spielt eine wichtige Rolle in der Umweltchemie, Biochemie und analytischen Chemie.
Hydrolyse organischer Verbindungen
In der organischen Chemie findet die Hydrolyse breite Anwendung zur Spaltung funktioneller Gruppen. Besonders häufig sind Reaktionen, bei denen Carbonsäurederivate wie Ester, Amide oder Anhydride unter Wasseraufnahme in ihre Bestandteile zerlegt werden. Carbonsäureester etwa spalten sich in Alkohol und Carbonsäure, Carbonsäurechloride in Carbonsäure und Chlorwasserstoff.
Auch halogenierte Alkylverbindungen wie Benzylchlorid, Reagenzien wie Calciumcarbid oder funktionelle Gruppen wie Nitrile lassen sich hydrolytisch umsetzen. Diese Reaktionen verlaufen in neutraler Lösung oft langsam, weshalb sie unter sauren oder basischen Bedingungen beschleunigt werden. Besonders bekannt ist die basische Esterhydrolyse, auch Verseifung genannt, bei der ein Alkoholat-Ion als Nukleophil wirkt.
Neben linearen Verbindungen lassen sich auch cyclische Verbindungen wie Lakton- oder Acetalstrukturen hydrolysieren. Dabei entstehen jeweils die entsprechenden Carbonylverbindungen und Alkohole. Weitere Beispiele betreffen die Spaltung von Isocyaniden, Oximen, Iminen oder Grignard-Verbindungen, bei denen charakteristische Produktmuster entstehen, etwa Aldehyde, Ketone oder Aminen.
Enantioselektive Hydrolyse
Die Hydrolyse kann durch den gezielten Einsatz von Enzymen auch selektiv auf bestimmte Enantiomere einer chiralen Verbindung wirken. Lipasen oder Acylasen ermöglichen es, ein bestimmtes Enantiomer eines Esters oder Amids bevorzugt zu spalten, während das andere unverändert bleibt. So lassen sich aus racemischen Mischungen enantiomerenreine Alkohole oder Carbonsäuren gewinnen.
Dieses Prinzip wird in der Industrie gezielt genutzt, etwa bei der Herstellung von L-Methionin aus N-Acetyl-DL-methionin. Die enantioselektive Hydrolyse ist somit ein zentrales Werkzeug der modernen Biokatalyse und spielt besonders in der pharmazeutischen Wirkstoffproduktion eine bedeutende Rolle.
Hydrolyse biologischer Makromoleküle
In lebenden Organismen ist die Hydrolyse eine zentrale Reaktion zur Umwandlung und Verwertung von Biomolekülen. Polysaccharide, Proteine und Lipide werden durch spezifische Enzyme, sogenannte Hydrolasen, in ihre Grundbausteine zerlegt – also Zucker, Aminosäuren und Fettsäuren. Diese Spaltungen sind für die Nährstoffaufnahme und den Energiestoffwechsel essenziell.
Ein besonders bedeutender Vorgang ist die Hydrolyse von ATP (Adenosintriphosphat), bei der durch Abspaltung eines Phosphatrests chemische Energie freigesetzt wird. Diese Energie treibt zahlreiche biologische Prozesse an, darunter Transportvorgänge durch Zellmembranen, Signalübertragung und Muskelkontraktionen.
Hydrolyse in der analytischen Chemie
Auch in der Proteinanalyse spielt die Hydrolyse eine entscheidende Rolle. Zur Bestimmung der Aminosäurezusammensetzung werden Proteine in konzentrierter Salzsäure bei Temperaturen über 100 °C hydrolysiert, meist unter Luftabschluss. Die so entstehenden freien Aminosäuren können anschließend quantitativ erfasst werden.
Da bestimmte Aminosäuren während der Hydrolyse teilweise zerstört oder umgewandelt werden, erfolgt die Auswertung unter Berücksichtigung von Korrekturfaktoren. Auf diese Weise lässt sich der ursprüngliche Aufbau des Proteins präzise rekonstruieren – eine Methode, die vor allem in der Biochemie, Lebensmittelanalytik und pharmazeutischen Qualitätskontrolle Anwendung findet.
Der vorliegende Text stellt eine vollständig überarbeitete und neu strukturierte Fassung des Wikipedia-Artikels “Hydrolyse” dar. Er unterliegt der Lizenz CC BY-SA 3.0 und enthält keine inhaltlichen Ergänzungen über die Originalquelle hinaus. Stand: 09.05.2025
[…] Wissenschaftler haben eine Klasse von zuckerbasierten Polymeren entwickelt, die sich durch saure Hydrolyse chemisch abbauen lassen. Die Forscher bauten auch „Fracht“-Moleküle zur späteren Abspaltung […]