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cis-trans-Isomerie

3. November 2025 von Lexikon

Die cis‑trans‑Isomerie ist eine spezielle Form der Konfigurationsisomerie. Zwei Moleküle unterscheiden sich darin, ob bestimmte Substituenten relativ zu einer gedachten Referenzebene, meist einer Doppelbindung oder der Ebene eines Rings, auf derselben oder auf gegenüberliegenden Seiten liegen. Da sich die Bindungen nicht frei drehen können, ist eine Umwandlung nur über Bindungsbruch möglich. Diese geometrische Verschiedenheit führt zu abweichenden Schmelzpunkten, Siedepunkten, Reaktionsenthalpien und biologischen Wirkungen.

Butendisäure als klassisches Beispiel für cis-trans-Isomerie: Das (Z)-Isomer Maleinsäure (links) cyclokondensiert bei Erhitzung zum Anhydrid; das (E)-Isomer Fumarsäure (rechts) ist dazu nicht in der Lage, da die dazu nötigen trans-ständigen COOH-Gruppen dort zu weit voneinander entfernt sind. Auch die Schmelzpunkte der beiden Verbindungen unterscheiden sich um etwa 150 °C. | Quelle: CC0- via https://de.wikipedia.org/wiki/Cis-trans-Isomerie
Butendisäure als klassisches Beispiel für cis-trans-Isomerie: Das (Z)-Isomer Maleinsäure (links) cyclokondensiert bei Erhitzung zum Anhydrid; das (E)-Isomer Fumarsäure (rechts) ist dazu nicht in der Lage, da die dazu nötigen trans-ständigen COOH-Gruppen dort zu weit voneinander entfernt sind. Auch die Schmelzpunkte der beiden Verbindungen unterscheiden sich um etwa 150 °C. | Quelle: CC0– via Commons

Definition und grundlegendes Konzept

Unter „cis“ versteht man die Anordnung, bei der beide relevanten Substituenten dieselbe Raumseite teilen. Bei der „trans“ Konfiguration liegen sie einander gegenüber. Die Referenzebene verläuft entlang der Achse einer Doppelbindung oder durch die Mittelfläche eines Rings. Schon diese geringe topologische Änderung kann messbare Unterschiede in Eigenschaften wie dem Schmelzpunkt oder der Bindungsenthalpie erzeugen.

Bestimmung der Konfiguration

Klassische cis/trans Regel

Diese einfache Benennung eignet sich nur für Moleküle mit einer Doppelbindung, bei der beide Doppelbindungspartner jeweils zwei verschiedene Substituenten tragen, idealerweise jeweils ein Wasserstoff und ein anderer Rest.

  • cis: Die beiden gleichen oder ähnliches Gruppen (meist die größeren) befinden sich auf derselben Seite der Doppelbindung (Bsp.: cis-but2-ene)
  • trans: Diese Gruppen liegen gegenüber, also auf entgegengesetzten Seiten der Doppelbindung. (Bsp.: trans-but-2ene)
links: trans-but2-ene (CH3 gruppen liegen gegenüber) 
rechts: cis-but2-ene (CH3 Gruppen befinden sich auf der gleichen Seite) | Quelle: CC0- via https://de.wikipedia.org/wiki/Cis-trans-Isomerie
links: trans-but2-ene (CH3 gruppen liegen gegenüber)
rechts: cis-but2-ene (CH3 Gruppen befinden sich auf der gleichen Seite) | Quelle: CC0– via Commons

(E)/(Z) Notation nach Cahn-Ingold-Prelog

Sobald an einer Doppelbindung mehr als zwei unterschiedliche Substituenten beteiligt sind, reicht die klassische cis-trans-Bezeichnung nicht mehr aus, da sie keine eindeutige Aussage über die räumliche Anordnung erlaubt. In solchen Fällen wird die (E)/(Z)-Notation verwendet. Sie beruht auf den Cahn-Ingold-Prelog-Regeln, bei denen die Substituenten an jedem Doppelbindungspartner nach Priorität geordnet werden – maßgeblich ist dabei die Ordnungszahl des direkt gebundenen Atoms; bei Gleichstand entscheidet die weitere Atomumgebung.

Befinden sich die beiden prioritären Gruppen auf derselben Seite der Doppelbindung, trägt das Molekül die Bezeichnung (Z) (von zusammen), bei gegenüberliegender Anordnung (E) (von entgegen). Diese systematische Benennung ermöglicht auch bei asymmetrisch substituierten Alkenen eine eindeutige und international gültige Zuordnung.

cis entspricht dabei nicht immer (Z), und trans nicht zwingend (E). Ein Beispiel ist das Herbizid Furylfuramid: Trotz visuell „transartiger“ Anordnung der Furylgruppen ergibt sich nach den CIP-Regeln eine (Z)-Konfiguration, da andere Substituenten höher priorisiert sind.

Die Wahl zwischen cis/trans und (E)/(Z) hängt vom Substitutionsmuster ab. In der modernen Nomenklatur wird (E)/(Z) bevorzugt, da sie auch bei komplexeren Molekülen eine eindeutige Strukturangabe erlaubt.

Mehrdeutige Fälle

Strukturformel mit einer unpezifizierten cis-trans-Konfiguration. 1: Bevorzugte Darstellung 2 und 3: Nach IUPAC nicht akzeptierte Darstellungen  | Quelle: CC0- via Commons
Strukturformel mit einer unpezifizierten cis–trans-Konfiguration. 1: Bevorzugte Darstellung 2 und 3: Nach IUPAC nicht akzeptierte Darstellungen  | Quelle: CC0– via Commons

Cis und (Z) fallen nicht immer zusammen. Beim Herbizid Furylfuramid richtet sich der traditionelle Name nach der Position der beiden Furylreste. Gemäß CIP Regeln besitzt jedoch das Carbonylkohlenstoffatom, bedingt durch seine Sauerstoff- und Stickstoffnachbarn, eine höhere Priorität als das Kohlenstoffatom des Furanrings. Somit ist das Isomer, in dem die Furylgruppen trans zueinander stehen, nach modernem System das (Z) Molekül.

Bleibt die cis trans Konfiguration unklar, zeigt eine gewellte Linie in der Strukturformel die fehlende Stereochemie an. Die IUPAC empfiehlt, diese Linie vorzugsweise an die Seite der Doppelbindung zu zeichnen, an der nur ein Substituent sitzt, und gekreuzte Doppelbindungen als Kennzeichen zu vermeiden.

Ringsysteme

cis- (links) und trans-Isomer (rechts) des 1,2-Dimethylcyclopentans  | Quelle: CC0- via Commons
cis- (links) und trans-Isomer (rechts) des 1,2-Dimethylcyclopentans  | Quelle: CC0– via Commons

In cyclischen Verbindungen übernimmt die Ringebene die Rolle der Referenz. Bei 1,2 Dimethylcyclopentan können beide Methylgruppen gemeinsam oberhalb oder unterhalb der Ringfläche liegen (cis) oder entgegengesetzt (trans). Bei Cyclohexanderivaten erschwert die energetisch bevorzugte Sesselkonformation die direkte Zuordnung. In trans 1,2 Dimethylcyclohexan liegen entweder beide Methylgruppen äquatorial oder beide axial, während in der cis Variante eine axial und eine äquatorial angeordnet ist. In bicyclischen Systemen wie Decalin entscheidet die Orientierung der Brückenwasserstoffatome über die Zuordnung.

Dynamische Umwandlung und biologische Relevanz

Auch Peptide besitzen aufgrund des partiellen Doppelbindungscharakters ihrer Amidbindung zwei Geometrien. Besonders an Prolin Residuen erfolgt der Wechsel nur langsam; Enzyme wie Peptidyl Prolyl cis trans Isomerasen beschleunigen ihn und steuern damit die Faltung von Proteinen.

Durch eine Peptidyl-Prolyl-cis-trans-Isomerase (PPIase) katalysiertes Gleichgewicht: Ohne enzymatische Katalyse findet die Rotation um die blau markierte Bindungsachse der Peptidbindung zwischen dem N-Terminus von L-Prolin und dem C-Terminus einer anderen Aminosäure nur langsam statt.  | Quelle: CC0- via https://de.wikipedia.org/wiki/Cis-trans-Isomerie
Durch eine Peptidyl-Prolyl-cis-trans-Isomerase (PPIase) katalysiertes Gleichgewicht: Ohne enzymatische Katalyse findet die Rotation um die blau markierte Bindungsachse der Peptidbindung zwischen dem N-Terminus von L-Prolin und dem C-Terminus einer anderen Aminosäure nur langsam statt.  | Quelle: CC0– via Commons

Ein Wechsel zwischen cis und trans erfordert Energie, weil die π Bindung kurzzeitig gelöst werden muss. Lichtanregung oder hohe Temperaturen ermöglichen diese Umwandlung. Unter photochemischen Bedingungen entsteht häufig das energetisch günstigere cis Produkt, während thermische Einwirkung das trans Produkt begünstigt. Im Sehpigment Retinal löst eine lichtinduzierte Isomerisierung den ersten Schritt der visuellen Signalkette aus.

Der vorliegende Text stellt eine vollständig überarbeitete und neu strukturierte Fassung des Wikipedia-Artikels „cis–trans-Isomerie“ dar. Er unterliegt der Lizenz CC BY-SA 3.0 und enthält keine inhaltlichen Ergänzungen über die Originalquelle hinaus. Stand: 16.0.025

Kategorie: Lexikon Stichworte: cis-trans-Isomerie

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