Silicium, oder auch Silizium, ist ein chemisches Element mit dem Symbol Si und spielt eine zentrale Rolle in der Halbleiterelektronik. Das Element mit der Ordnungszahl 14 hat das Symbol Si und steht in der 4. Hauptgruppe (Kohlenstoffgruppe) des Periodensystems der Elemente (PSE).

Nach Sauerstoff ist Silizium das zeithäufigste Element nach Massenanteil. Silicium ist ein Halbmetall mit Eigenschaften von Metallen und Nichtmetallen. Es ist ein grau-schwarzes Element mit metallischem Glanz, der oft bronzen oder bläulich schimmert. Silicium ist unverzichtbar für die moderne Elektronik, ohne dieses Element wären Computer, wie wir sie heute kennen, nicht denkbar. 2019 wurde das Element in isotopenreiner Form auch verwendet um die Maßeinheit Kilogramm und Mol neu zu definieren. Silicium ist für den menschlichen Körper ungiftig und kommt hauptsächlich in gebundener Form, wie Silicaten oder Kieselsäure, vor. Es ist in geringen Mengen im Körper vorhanden, insbesondere in Knochen, Haut, Haaren und Nägeln.
Etymologie
Das Element wird schriftsprachlich „Silizium“ geschrieben. In der Fachsprache der Chemie ist jedoch auch die Schreibweise „Silicium“ verbreitet. Beide Begriffe stammen von dem lateinischen Wort „silica“ (Kieselerde) ab.
Ein häufiger Fehler ist die Verwechslung mit dem englischen Begriff „silicon“, der ebenfalls Silizium bezeichnet. „Silikon“ hingegen ist eine Gruppe von Kunststoffen, die Silizium enthalten, aber nichts mit dem chemischen Element selbst zu tun haben. Das „Silicon Valley“ (Zentrum der Tech-Industrie) hat seinen Namen von dem chemischen Element.
Geschichte
Verwendung vor der Industrialisierung
Siliciumhaltige Gesteine wurden seit jeher als Baumaterial genutzt, z. B. in Stonehenge, Lehm- und Backsteinbauten sowie von den Römern für Zement. In der Steinzeit dienten sie als Werkzeuge, etwa Feuerstein und Obsidian, die aufgrund ihrer scharfen Kanten verwendet wurden. Feuerstein wurde in Kreidegebieten wie Belgien und Dänemark bergmännisch abgebaut.
Entdeckung
1789 hat Antonie Lavoisier vorhergesagt das es sich bei Silex (Feuerstein) um das Oxid eines Metalles handelt. 1807 versuchte Humphry Davy mittel elektrochemischen Versuchen die Existenz der Metall Silicium, Aluminium, Zirconium und Glucinium (Berylium) zu erklären.
Im Jahr 1811 gelang es den Chemikern Joseph Louis Gay-Lussac und Louis Jacques Thénard, erstmals unreines, amorphes Silicium (a-Si) herzustellen. Dazu reagierten sie Siliciumtetrafluorid mit elementarem Kalium. Eine ähnliche Methode wandte Jöns Jakob Berzelius 1824 in Schweden an, indem er ein Hexafluorosilicat mit Kalium umsetzte. Er reinigte das gewonnene amorphe Silicium durch Waschen und erkannte als Erster dessen elementare Natur. Berzelius gab dem Element auch seinen Namen.
Die englische Bezeichnung „silicon“ wurde 1817 vom schottischen Chemiker Thomas Thomson eingeführt. Die Endung „-on“ sollte die chemische Ähnlichkeit zu Kohlenstoff (carbon) und Bor (boron) verdeutlichen.
Reines, kristallines Silicium wurde erstmals 1854 vom französischen Chemiker Henri Etienne Sainte-Claire Deville durch Elektrolyse hergestellt.
Vorkommen
Silicium in Gesteinen und Mineralien
Silicium hat einen Massenanteil von 15 % der Erde. Besonders groß ist der Massenanteil vorallem im Erdmantel mit 25.8 %. Damit ist Silicium das zweithäufigste chemische Element. Überwiegend findet man Silizium in silicatischen Mineralien oder als reines Siliciumdioxid. Siliciumdioxid ist der Hauptbestandteil von Sand, wobei Quarz die kristalline Reinform darstellt.

Viele Edelsteine enthalten Siliciumdioxid mit unterschiedlichen Beimengungen anderer Elemente. Dazu gehören Amethyst, Rosenquarz, Rauchquarz, Achat, Jaspis und Opal. Silicium verbindet sich mit vielen Metallen zu Silicaten, die in verschiedenen Gesteinen vorkommen, etwa Glimmer, Asbest, Ton, Schiefer, Feldspat und Sandstein. Auch die Weltmeere sind ein bedeutender Speicher für Silicium. In Form von monomerer Kieselsäure ist es in großen Mengen in den Ozeanen gelöst. Bis 2011 wurden 1.437 Siliciumminerale identifiziert. Mosissanit hat mit einem Gehalt von bis zu 70 % den höchsten Silicium Anteil.
Silicatkreislauf
Silicathaltige Mineralien werden durch die Reaktion mit Kohlensäure (H2CO3) im Wasser langsam abgebaut. Ein Beispiel hierfür ist Calciumsilicat (CaSiO₃), das sich in Calciumcarbonat (CaCO₃) und Metakieselsäure (SiO(OH)₂) umwandelt:
CaSiO₃ + H₂CO₃ → CaCO₃ + SiO(OH)₂
Die unlösliche Metakieselsäure reagiert weiter mit Kohlensäure zu löslicher Orthokieselsäure (Si(OH)4) :
SiO(OH)₂ + H₂CO₃ ⇌ Si(OH)₄ + CO₂
Allerdings wandelt sich Orthokieselsäure schnell wieder in amorphes Siliciumdioxid (SiO₂) und Wasser um, sobald der pH-Wert ≥ 3 beträgt. Die Konzentration der Orthokieselsäure im Meerwasser ist mit unter 7 mmol sehr gering.
Durch die Aufnahme von Kieselsäure (Si(OH)₄) oder wasserlöslichen Silicaten in Meeresorganismen gelangt Silicium in den biologischen Kreislauf. Nach dem Absterben dieser Organismen lagern sich ihre Überreste auf dem Meeresboden ab. Vulkanische Aktivität oder der Austritt von Magma am Meeresboden führen zur Sedimentation und zur erneuten Bildung silicathaltiger Mineralien.
Bildung von Siliciumdioxid:
Si(OH)₄ → SiO₂ + 2H₂O
→ Meeresorganismen scheiden Kieselsäure aus, die zu Siliciumdioxid polymerisiert.
Bildung von Silicaten durch geologische Prozesse:
CaO + SiO₂ → CaSiO₃
→ In der Erdkruste reagiert Siliciumdioxid mit Calciumoxid zu Calciumsilicat.
Dieser Zyklus spielt sich über Millionen Jahre ab und verläuft wesentlich langsamer als der Kohlenstoffkreislauf der belebten Natur.
Silicium in der belebten Natur
Bestimmte Lebewesen nutzen Siliciumdioxid (SiO₂) zum Aufbau ihrer Strukturen. Besonders bekannt sind Kieselalgen (Diatomeen), Schwämme (Porifera) und Radiolarien, die durch enzymgesteuerte Kondensation von Orthokieselsäure (Si(OH)₄) ein Exoskelett aus Siliciumdioxid bilden.
Auch viele Pflanzen lagern Siliciumdioxid in ihren Stängeln und Blättern ein, um zusätzliche Stabilität zu gewinnen. Beispiele hierfür sind Schachtelhalme und Bambus, deren feste Struktur auf diesen Siliciumgehalt zurückzuführen ist.
Gewinnung von Silicium
Gewinnung im Labormaßstab
Elementares Silicium kann im Labor durch Reduktion aus Siliciumdioxid oder Siliciumtetrafluorid mit unedlen Metallen hergestellt werden. Die zweite Methode ist ein aluminothermisches Verfahren, das allerdings nur in Anwesenheit von elementarem Schwefel funktioniert. Die dritte Methode entspricht der ursprünglichen Entdeckung des Elements.
1) SiO₂ + 2Mg → Si + 2MgO
2) 3SiO₂ + 4Al + 3S → 3Si + 2Al₂O₃ + 3SO₂
3) SiF₄ + 2Mg → Si + 2MgF₂
Hochreaktives amorphes Silicium kann durch Reduktion mit Natrium oder Acidolyse von Siliciden erhalten werden:
1) SiCl₄ + 4Na → Si + 4NaCl
2) CaSi₂ + 2HCl → 2Si + CaCl₂ + H₂
Gewinnung in der Industrie
Im Jahr 2020 wurden weltweit 8,1 Millionen Tonnen Silicium und Ferrosilicium produziert. Die größten Herstellerländer für Ferrosilicium waren die Volksrepublik China, Russland und Norwegen, während metallisches Silicium hauptsächlich in China, Brasilien und Norwegen hergestellt wurde.
Metallisches Silicium zählt zudem zu den kritischen Rohstoffen der Europäischen Union. Mit einem Weltmarktanteil von rund 70 % war China mit großem Abstand der führende Produzent. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die globalen Erzeugermengen.
Land | Erzeugermengen 2022 [t] |
Volksrepublik China | 6.000.000 |
Russland | 640.000 |
Brasilien | 400.000 |
Norwegen | 360.000 |
Vereinigete Staaten | 310.000 |
Frankreich | 120.000 |
elementares Silicium wird in verschiedenen Reinheitsgraden für unterschiedliche Anwendungen genutzt, darunter die Metallurgie (Ferrosilicium), die Photovoltaik (Solarzellen) und die Mikroelektronik (Halbleiter, Computerchips). Aus diesem Grund wird Silicium in der Wirtschaft oft nach seinen Reinheitsgraden unterteilt. Es gibt Simg (metallurgisches Silicium, Rohsilicium, mit 98–99 % Reinheit), Sisg (Solarsilicium, mit Verunreinigungen unter 0,01 %) und Sieg (Halbleitersilicium, mit Verunreinigungen unter 10⁻⁹).
Für Solarzellen ist die Reinheit des Siliciums über die gesamte Materialstärke hinweg entscheidend, um die Lebensdauer der Ladungsträger zu maximieren. In der Mikroelektronik hingegen reicht es oft aus, dass nur die obersten Schichten von etwa 20 bis 30 µm extrem rein sind.
Das Siemens-Verfahren wird traditionell verwendet, bei dem Silicium zunächst mit gasförmigem Chlorwasserstoff bei Temperaturen von 300–350 °C in einem Wirbelschichtreaktor zu Trichlorsilan (Silicochloroform) umgewandelt wird.
Si + 3 HCl → H₂ + HSiCl₃
Nach mehreren Destillationsschritten wird Trichlorsilan in einem Prozess, bei dem Wasserstoff zum Einsatz kommt, auf beheizten Reinstsiliciumstäben bei Temperaturen von 1000–1200 °C erneut thermisch zersetzt. Dabei wird elementares Silicium auf den Stäben abgelagert. Der entstehende Chlorwasserstoff wird in den Kreislauf zurückgeführt. Als Nebenprodukt entsteht Siliciumtetrachlorid, das entweder wieder in Trichlorsilan umgewandelt und dem Prozess erneut zugeführt oder in einer Sauerstoffflamme zu pyrogener Kieselsäure verbrannt wird.
Anwendungen
Silicium wurde 1947 erstmals als Transistormaterial entdeckt. Später, in den 1950er Jahren, wurde es für die Entwicklung der integrierten Schaltung (IC) verwendet. Seit etwa 1970 ist Silicium das Hauptmaterial für Halbleiterprodukte, Sensoren und Solarzellen.

Da sich Silicium beim Erstarren ausdehnt, während die meisten anderen Stoffe sich zusammenziehen, wird es vielen Gusslegierungen hinzugefügt. Zum Beispiel enthält Gusseisen immer etwa 2 % Silicium. Besonders wichtig sind Aluminium-Silicium-Legierungen, in denen der Siliciumgehalt bis zu 20 % betragen kann. Diese Legierungen stellen die wichtigste Art von Aluminiumgusswerkstoffen dar.
Durch seine Flexibilität und die Tatsache, dass es nicht magnetisierbar ist, wird Silicium auch in der Herstellung von Unruhspiralen in einigen Armbanduhren verwendet.
Verbindungen
In Chemischen Verbindungen tritt Silicium fast immer vierwertig vor, wobei das Siliciumatom meist vierfach koordiniert ist. Es gibt jedoch auch Verbindungen mit fünf- oder sechsfacher Koordination. Synthetisch hergestellte zweiwertige Siliciumverbindungen (Silylene) sind meist instabil. Von Bedeutung ist das Siliciummonoxid, das zur Vergütung optischer Linsen verwendet wird. 2012 wurde zudem eine dreifach koordinierte Verbindung entdeckt, die eine ähnliche Struktur wie Graphen aufweist und als Silicen bezeichnet wird.
Die Chemie des Siliciums wird hauptsächlich durch seine starke Affinität zum Sauerstoff bestimmt. In den meisten chemischen Verbindungen ist Silicium der elektropositive Partner. Es existieren jedoch auch Verbindungen, in denen Silicium formal negativ geladen ist.Dies trifft vor allem auf Silicide zu, bei denen Silicium tatsächlich als Anion auftreten kann.

Ein wichtiger Unterschied zwischen Kohlenstoff und Silicium ist die Änderung der Bindungspolarität in Silicium-Wasserstoff-Verbindungen. Während bei Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindungen die Elektronegativitätsdifferenz bei +0,45 liegt, ist sie bei Silicium-Wasserstoff-Bindungen mit −0,2 negativ. Dadurch reagieren Silicium-Wasserstoff-Verbindungen ganz anders als Kohlenwasserstoffe.
Die wichtigsten Verbindungen des Siliciums können in folgende Klassen eingeteilt werden:
Binäre Verbindungen
• Siliciumcarbid (SiC)
• Siliciumdioxid (SiCO2)
• Siliciumnitrid (Si3N4)
• Silicide (Verbindungen wo Silicium negativ geladen ist)
Silicate
• Zirkon und alle anderen Silicate und Verbindungen der Kieselsäure
Siliciumhalogenide
• Siliciumtetrafluorid (SiF4)
• Siliciumtetrachlorid (SiCl₄)
• Trichlorsilan (Silicochloroform) (SiHCl₃)
Siliciumwasserstoffe
• Monosilan SiH₄
• Silane (SiₙH₂ₙ₊₂)
Organische Siliciumverbindungen
• Tetramethylsilan (TMS, NMR-Standard)
• Methylchlorsilane wie Dichlormethylsilan (Bausteine für Silikone)
• Phenylchlorsilan
• Carbosilane
• Carbosilazane
• Carbosiloxane
Polymere Siliciumverbindungen
• Silikone
• Polysilane, -carbosilane, -carbosilazane, -carbosiloxane
Der vorliegende Text stellt eine vollständig überarbeitete und neu strukturierte Fassung des Wikipedia-Artikels „Silicium“ dar. Er unterliegt der Lizenz CC BY-SA 3.0 und enthält keine inhaltlichen Ergänzungen über die Originalquelle hinaus. Stand: 21.03.2025